Wer öfter nach Sonnenuntergang joggt, der weiß, dass es in einer Großstadt nie ganz dunkel wird. Auf dem Land ist das anders, und in der Wüste dürfte bei Neumond kaum etwas zu erkennen sein. Unter solchen Bedingungen ein Auto ohne Scheinwerfer zu fahren, würde sich wohl niemand ernstlich trauen. Ford hat es nun mit einem Forschungsfahrzeug versucht. Allerdings wurde es nicht von einem menschlichen Fahrer gesteuert.

Der autonom fahrende Ford Fusion Hybrid musste sich nachts ohne Scheinwerfer auf einer einsamen Wüstenstraße in Arizona bewähren. Die Fahrten sollten zeigen, dass autonomes Fahren auch ohne normale Kameras möglich ist. Der Fusion hatte stattdessen LiDAR-Sensoren (Light Detection And Ranging) an Bord. Dabei tastet ein Infrarot-Laser bis zu 2,8 Millionen Mal pro Sekunde die Umgebung ab. LiDAR nutzt die Reflexionen aus einer Entfernung von bis zu 200 Metern und erstellt daraus eine virtuelle 3D-Karte. Dank LiDAR war das Testfahrzeug weder auf Tageslicht noch auf Kameras und Fahrbahnmarkierungen angewiesen. So bewältigte der autonom fahrende Fusion auch kurvige Passagen in völliger Dunkelheit.

Voraussetzung für die Fahrten waren allerdings sehr detaillierte 3D-Navigationskarten, die nicht nur die Straße und die Straßenmarkierungen enthalten, sondern auch die Gelände-Topographie und sogar Verkehrsschilder, Gebäude und Bäume. Das Fahrzeug gleicht die erfassten LiDAR-Daten in Echtzeit mit dieser Karte und den Daten des Bordradars ab. Die Ford-Ingenieure überwachten den Praxistest mit Nachtsichtbrillen. ,Im Inneren des Fahrzeugs konnte ich fühlen, dass sich das Auto bewegt, aber wenn ich aus dem Fenster sah, war da nur Dunkelheit", erzählt Ingenieur Wayne Williams, der vom Rücksitz aus dem Auto beim Fahren zusah.

Während das autonome Fahren bei Dunkelheit noch Zukunftsmusik ist, kann man das teilautonome Fahren schon in Serienautos erleben – unter anderem in der neuen Mercedes E-Klasse. Aber auch Ford bietet teilautonomes Fahren an, und zwar ab diesem Frühjahr in der neuen Version des Fusion. Das System besteht aus einem Abstandstempomaten mit Stop-and-Go-Funktion, übernimmt aber auch das Lenken. Es ist hauptsächlich für Staus gedacht. Wie bei der E-Klasse muss man allerdings einen Knopf drücken oder das Gaspedal betätigen, wenn das Auto nach einem Stopp von mehr als drei Sekunden wieder anfahren soll – bei einem längeren Halt könnte ja ein Fußgänger vors Auto gelaufen sein. Anders als bei dem nun erprobten LiDAR-System verwendet das Serienauto neben einem Radar noch eine Kamera – was ohne Licht nicht funktionieren kann. Im Mondeo, wie der Ford Fusion in Europa heißt, wird das System noch nicht offeriert. Hier gibt es neben Abstandstempomat und Spurhalteassistent lediglich Active City Stop, das nur bis 40 km/h aktiv ist und mit einem Laser-Sensor den Abstand zum vorausfahrenden Auto überwacht.

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