Rund 2.500 Menschen spenden einem Mann in der Mitte herzlichen Applaus. Nein, wir sind nicht auf einem US-Parteitag, sondern beim so genannten ,Go Further"-Event von Ford in Amsterdam. Ford-Chef Alan Mullaly ist eigens aus den USA angereist, um der anwesenden Händlermehrheit zu zeigen, welche Neuheiten sie bis Ende 2013 erwarten können.

Mehr Mut statt Schwermut
Es ist eine recht ungewöhnliche Taktik von Ford, die Neuheiten schon jetzt zu zeigen, obwohl einige der Fahrzeuge erst Ende 2013 auf den Markt kommen sollen. Doch die Gründe leuchten ein: Man will den Händlern Mut in wirtschaftlich schweren Zeiten machen, zudem stehen die Zeichen auf Wachstum. Zwar seien die derzeitigen Rahmenbedingungen brutal, räumt Europachef Stephen Odell ein, doch man glaubt an ein Wachstum von 20 Prozent in den nächsten fünf Jahren. Dabei hat Ford vor allem aufstrebende Märkte wie Russland im Visier. Sein Vorgesetzter Alan Mullaly zeigt die Eckdaten des ambitionierten ,One Ford"-Plans. Wie dessen Name schon sagt, werden neue Modelle für den weltweiten Markt konzipiert. Bis zum Jahr 2017 möchte Ford insgesamt 15 globale Fahrzeuge im Programm haben. Gleichzeitig soll die Produktentwicklung beschleunigt und profitabler gearbeitet werden. Europa spielt dabei eine wichtige Rolle, denn es macht 27 Prozent des gesamten Ford-Absatzes aus. Insgesamt investiert Ford jährlich sechs Milliarden Dollar zur Umsetzung dieser Strategie, wie uns Deutschland-Chef Bernhard Mattes schon Anfang 2012 verriet.

Sport-Fiesta und Elektro-Focus
Doch genug der Theorie, wie sieht die Umsetzung des Slogans ,Go Further", übersetzt in etwa ,eine Idee weiter" konkret aus? Den Anfang macht noch 2012 der überarbeitete Fiesta. Er bekommt eine markantere Frontpartie, während die restliche Karosserie weitgehend unangetastet bleibt. Neu sind die so genannten EcoBoost-Dreizylinder-Benziner mit Turboaufladung unter der Haube. Sie leisten 100 und 120 PS. Hinzu kommt neue Technik wie ein Notbremsassistent, oder das sprachbasierte SYNC-System. Mit diesem kann der Fahrer zum Beispiel seine Wunschmusik per Sprachbefehl wählen oder sich SMS vorlesen lassen. Als sportliches Topmodell geht 2013 der Fiesta ST an den Start: 182 PS aus 1,6 Liter Hubraum sollen ihn in 6,9 Sekunden von null auf 100 km/h bringen. Eine Klasse höher rollt Anfang 2013 der Ford Focus Electric zu den Händlern. Er soll rein elektrisch bis Tempo 100 beschleunigen können.

Transit wird zur Familie
Auch für Freunde des Nutzfahrzeugs hat Ford einiges in petto: Bereits bekannt ist der neue Transit, der in Amsterdam auch als riesige Ausführung für zwei Tonnen Nutzlast gezeigt wurde. Insgesamt wird die Transit-Familie weiter ausgebaut. ,Custom" bezeichnet den Transit mit einer Tonne Nutzlast, ,Connect" die darunter liegende Klasse. Der Transit Connect und seine Pkw-Variante Tourneo Connect weisen hintere Schiebetüren auf, mit geschärfter Optik soll Letzterer ab 2013 gegen VW Caddy und Co. antreten. Das jüngste Mitglied des Transit-Clans schwebt publikumswirksam vom Dach der Ziggo-Arena in Amsterdam: Der zirka vier Meter kurze Transit Courier wird gegen Kleinsttransporter wie den Peugeot Bipper positioniert. Kenner wissen: Courier bezeichnete früher den Fiesta-Lieferwagen.

SUVs für alle
Und noch eine weitere Familienplanung gibt es bei Ford: SUVs sind im Kommen. Das Unternehmen rechnet in Europa mit Absatzzahlen, die in den nächsten fünf Jahren um 34 Prozent steigen werden. Deshalb lässt Ford gleich ein ganzes Trio auf die Händler los. Noch 2012 wird der neue Ford Kuga erhältlich sein. Optisch schlägt er die Brücke zum Focus, mit 4,52 Meter Länge befindet er sich in der Klasse des VW Tiguan. Motorenseitig gibt es zwei Diesel und zwei EcoBoost-Benziner. Besonderheit: Die Heckklappe öffnet per Fußbewegung nach oben. Opel macht es mit dem Mokka vor, Ende 2013 wird Ford nachziehen. Dann startet im aufstrebenden Segment der kleinen SUVs der Ecosport. Er ist das beste Beispiel für die globale Strategie von Ford, denn er wird in mehr als 100 Ländern der Welt verkauft. Auffallend am Ecosport ist neben dem großen Kühlergrill die nach links öffnende Hecktür. Mit einer Länge von 4,24 Meter liegt das SUV deutlich über dem Fiesta, während sich der Radstand von 2,52 Meter nur um drei Zentimeter unterscheidet. Weitere Eckdaten: 1,70 Meter hoch, Benzinmotoren zwischen ein und zwei Liter Hubraum und ein 1,5-Liter-Diesel. Geschaltet wird entweder manuell mit fünf oder sechs Gängen, Automatik und Allrad wird auch lieferbar sein. Das künftige Ober-SUV in Europa wird der aus den USA stammende Edge sein. Mit seinen 4,72 Meter Länge wird er zum Rivalen für den VW Touareg.

Der neue Mondeo
Der Höhepunkt ist aber zweifelsohne der neue Ford Mondeo. Durch die Weltauto-Strategie ist er rein optisch kein echtes Geheimnis mehr gewesen, schließlich wurde der sehr ähnliche US-Bruder Fusion schon Anfang 2012 vorgestellt. Trotzdem erntet der Mondeo einige ,Ahs" und ,Ohs". Man kann es verstehen, seit dem ersten Focus von 1998 war kein Ford-Modell mehr so ein Hingucker. Designchef Jay Mays hat es geschickt hinbekommen, auf der Optik des bisherigen Mondeo ein sehenswertes Auto zu schneidern. Basierend auf der globalen CD-Plattform wird es auch die neue Mittelklasse-Generation als Stufenheck, Fließheck und Kombi respektive Turnier geben. Die Länge wächst um neun Zentimeter auf 4,87 Meter, während sowohl Breite (1,85 Meter) und Höhe (1,47 Meter) leicht sinken. Gleich bleibt der Radstand von 2,85 Meter. Neues auch von der Motorenfront: Der Basis-Mondeo erhält den Einliter-EcoBoost-Benziner mit drei Zylindern. Allerdings wird es die Version mit 120 PS sein, was Sinn macht, denn der nicht gerade fliegengewichtige Mondeo startete bislang schon bei 120 PS. Erstmals wird es den beliebten Dienstwagen auch als Hybrid geben, zudem rückt eine Kombination aus Diesel und Allrad ins Angebot. Und das sind die Technik-Features der kommenden Generation: ein Gurt-Airbag im Fond, adaptive LED-Scheinwerfer, das sprachgesteuerte SYNC-Multimediasystem mit Acht-Zoll-Touchscreen sowie diverse Fahrassistenzsysteme etwa für tote Winkel oder Einhalten der Spur.

Schick in Schale
Wir haben uns den neuen Mondeo bereits näher ansehen können. Akzente setzt unter anderem der Kühlergrill, der je nach Gusto Assoziationen mit Aston Martin oder Maserati weckt. Hinzu kommen markante Sicken auf der Motorhaube und die schmalen LED-Scheinwerfer. Die Dachlinie verläuft coupéartig, ohne dass die Fenster zu extremen Sehschlitzen verkommen. Eine angenehme Überraschung ist das Mondeo-Cockpit. Ford scheint sich für die Zukunft von der verwirrenden Tastenvielfalt auf der Mittelkonsole zu verabschieden. Möglich wird das im Mondeo durch die Kombination von Sprachbefehlen mit einem großen Acht-Zoll-Touchscreen. Bis zu fünf Mobilgeräte können per WLAN angeschlossen werden. Indes bleibt natürlich abzuwarten, wie die Bedienbarkeit im Basismodell ohne Riesenbildschirm sein wird. Eine bittere Pille müssen Mondeo-Fans aber schlucken: Vor dem zweiten Halbjahr 2013 kommt die Neuauflage nicht zu uns.

Das Pony reitet nach Europa
Am Ende erinnert die Ford-Veranstaltung dann doch ein wenig an den US-Wahlkampf. Nachdem Stephen Odell betont, dass man Probleme als Chancen betrachtet, tritt noch einmal ,Mister Ford" Alan Mullaly auf die Bühne. ,Wir wollen Gewinner sein" sagt er und kündigt eine Überraschung an. Ein V8-Grollen dröhnt durch den Saal, auf der Leinwand erscheint das Mustang-Logo. Die nächste Generation des Ford Mustang wird nach Europa kommen, so Mullaly. Die Händlerschar jubelt. Ein Sportwagen hat ihnen bislang gefehlt. Doch statt teuer einen Capri nur für Europa zu entwickeln, wird der wohl Anfang 2014 startende neue Mustang gleich für diesen Markt mitentwickelt. Ford verspricht besondere fahrdynamische Qualitäten und begeisternde Handling-Eigenschaften. Der Mustang ist künftig also kein Auto mehr, das nur geradeaus kann. Welche Motoren kommen, ist noch völlig offen. Im Regal liegt genug: Wie wäre es mit einem Zweiliter-EcoBoost-Benziner mit vier Zylindern und 250 PS wie im Ford Focus ST? Details zum nächsten Mustang sollen bald folgen. Es ist wie einst in der Werbung: Ford. Die tun was.

Bildergalerie: Ford-Schritte