Wer in den Straßen Monacos auffallen möchte, der muss sich schon etwas Besonderes einfallen lassen. Selbst mit einem wild beflügelten Lamborghini oder gar einem nagelneu funkelnden Bugatti ist die Halbwertszeit erstaunter Blicke eher kurz. Claudio Roddaro hat derlei Probleme nicht, wenn er mit seinem Gefährt durch das Fürstentum donnert. Denn der junge monegassische Sammler und Hobby-Rennfahrer verfügt über den wohl einzigen straßenzugelassenen Porsche 917 der Welt.

Mit Hilfe des Adels
Wie man es schafft, Nummernschilder für einen mehr als 40 Jahre alten Rennwagen zu ergattern, der mit dem Begriff „extrem“ wohl nur unzureichend beschrieben ist? Mit einem klaren Plan, viel Beharrlichkeit und etwas Glück, offenbar. Der Strohhalm, an den sich Roddaro klammerte, ist die Zahl 917-030. Die gehört zum Auto, das einst der italienische Adlige Graf Rossi besaß. Und für das er in den frühen 70er-Jahren unter etwas zweifelhaften Umständen eine Straßenzulassung erlangte. Rossi hatte damals den legendären Deal eingefädelt, der Martini zum Porsche-Sponsor machte. Und er fuhr einen silbernen 917 im öffentlichen Straßenverkehr. Es gibt schlechtere Lebensleistungen. Für Claudio Roddaro ist das Auto des Grafs ein wahrer Glücksfall. Denn wenn er den Beweis erbringen konnte, dass sein 917 mit der Nummer 037 dem von Rossi entspricht, wäre die Straßenzulassung plötzlich möglich.

Viele Umwege
Diesen Beweis zu führen, war allerdings alles andere als einfach. Nachdem der deutsche Karosseriehersteller Baur das unfertige Chassis 037 Ende der 70er Jahre gekauft hatte, blieb es jahrzehntelang unvollendet. Schließlich wurde es an einen US-amerikanischen Sammler verkauft, der es zur Fertigstellung in die Hände von Carl Thompson von Gunnar Racing in Long Beach gab. Erst im April 2004, mehr als 30 Jahre nach Produktionsbeginn, kam 917-037 bei der Rennsport Reunion in Daytona zu seinem Debüt in der Öffentlichkeit.

Der originalste 917
Ein weiterer Umstand kam Roddaro sehr zu pass: Porsche hatte den Le-Mans-Prototyp über die Jahre nie aus den Augen verloren und konnte den amerikanischen Besitzern auf Anfrage eine Chassis-Platte zur Verfügung stellen, die beweist, dass es sich beim Modell 037 um einen originalen 917 handelt. Und um einen sehr speziellen noch dazu, denn mit gut 95 Prozent Porsche-Originalbauteilen ist dieses Exemplar der originalgetreueste 917 der Welt. Zu erklären ist das wie folgt: Die Chassisnummern 037, 038 und 039 waren ursprünglich als Ersatzrahmen vorgesehen, wurden nie in Rennen eingesetzt und daher auch nie beschädigt.

Behörden-Marathon
Roddaro erwarb seinen 917K im Jahr 2016. Doch obwohl er beweisen konnte, dass das Fahrzeug ein Original ist und noch dazu einem anderen 917 mit Straßenzulassung entspricht, folgte ein wahrer Behörden-Marathon mit „turmhohen Papierstapeln“, wie Porsche mitteilt. Nach zwei Monaten intensiver Prüfung war die Genehmigung schließlich fix und die monegassischen Beamten rückten die zwei heiß begehrten Nummerntafeln raus. Seitdem treibt 649X sein Unwesen in und um die französische Riviera.

600 PS, 600 Kilo
Optisch sticht Claudio Roddaros Porsche 917 – nicht nur dank der herrlichen Martini-Racing-Beklebung – die modernen Supersportler des Fürstentums ohnehin aus. Aber auch leistungstechnisch braucht er sich nicht zu verstecken. Sein luftgekühlter 4,9-Liter-180-Grad-V12 bringt es nach wie vor auf gut 600 PS. Allerdings wiegt das gute Stück gerade mal 600 Kilo. Für ein vergleichbares Leistungsgewicht brauchen Sie schon einen Koenigsegg Agera RS oder ein Rennmotorad. Es muss ein irrsinniger Auftritt sein, wenn Roddaro mit seinem „Oldtimer“ aufkreuzt. Selbst im Exoten-verwöhnten Monaco.

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