Was mich bei unserem Adam S bis zuletzt am meisten beschäftigte? Die Frage danach, was dieser dralle Gnom eigentlich sein will. Mit all seinen Colour-Paketen, den absolut gigantisch wirkenden 18-Zöllern, dem Rennflaggen-Dachhimmel oder den etwas überambitioniert wirkenden Recaro-Schalensitzen ist der Adam S sowas wie der Instagram-Account unter den Minisportlern. Per se ist das nicht schlimm. Ein knuffiger Stadtflitzer mit Performance-DNA muss kein Widerspruch sein. Ganz im Gegenteil. Siehe den großartigen Suzuki Swift Sport. Ein bisschen das Problem beim Adam S ist aber: Er scheint selber nicht so genau zu wissen, was er seinem Fahrer anbieten möchte. Ist er eher der perfekt durchgestylte, voll connectete Kleinstwagen mit etwas mehr Tiger im Tank oder offenbart er im Alltag jenes Spaßpotenzial, das sein nicht eben kleines Preisschild rechtfertigt?

Flott, nicht schnell
Nun, beides irgendwie. Beispiel Nummer eins: Der Antrieb. Der Einsvierer-Turbo – immerhin 150 PS und 220 Newtonmeter stark – sollte prinzipiell in der Lage sein, ziemlich lustige Dinge mit den knapp 1.150 Kilo des Adam S anzustellen. Vor allem auch, weil er an das beste Sechsgang-Schaltgetriebe angekoppelt ist, das man bei Opel derzeit wohl so kriegt. Der Motor schiebt die Nadel sehr gleichmäßig über den Drehzahlmesser und kann selbst jenseits der 150 km/h noch solide zusetzen. Man kommt sich im Adam S nie langsam vor. Bahnbrechend schnell allerdings auch nicht. Ihm fehlen ein Stück weit die Ecken und Kanten, ein wenig Aggressivität, etwas, das man gerne im Gedächtnis behält. Das gleiche gilt für den Sound, dieses suppige Einerlei, das obenraus in ein leicht penetrantes Dröhnen übergeht. Alles nicht wirklich schlimm, aber seine stachelige, rennige Optik hätte durchaus etwas mehr Leidenschaft im Maschinenraum verdient gehabt.

Gutes, unterhaltsames Fahrverhalten
Beispiel Nummer zwei: Das Fahrverhalten. Der Adam S weiß in vielen Situationen zu unterhalten. Überraschend gut sogar. Wer ihn auf einer kurvigen Landstraße so fährt, wie man das nur tun sollte, wenn selbige leer und die Sicht nach vorne sehr weit ist, dürfte an der gelungenen Balance seine Freude haben. Zumindest bevorzugte es unser Dauertester, schön das Heck miteinzudrehen anstatt sich in freudlosem Untersteuern zu verheddern. Wo ist dann das Problem, werden Sie sich fragen? Nun, mit ein bisschen mehr Mut hätte man aus einem sehr passablen einen exzellenten Kleinstdynamiker machen können. Will sagen: Wenn ich schon ein sportliches Topmodell auflege, das außen und innen so aussieht wie seine eigene Cup-Version, warum ziehe ich es dann nicht ein bisschen konsequenter durch? Allein durch das absurd große Lenkrad gehen die ersten fünf Prozent des Fahrspaßes flöten. Dann die Lenkung selbst: Sie wirkt ein bisschen gummig, ein bisschen schwerfällig und trägt dazu bei, dass der Adam S sich nicht so hyperagil anfühlt, wie er es aufgrund seines XXS-Radstands tun sollte.

Hoppel hoppel
Ein Mini Cooper wirkt verspielter, ein Abarth 500 spezieller. Und: Hätte man die Vorderachse des Sport-Adam ein wenig angriffslustiger, zackiger abgestimmt, würde es auch leichter fallen, seine knackige Federung (sehr euphemistisch ausgedrückt ) zu verargumentieren. Ach komm, sagen wir es, wie es ist: Mit seinen spärlich ummantelten 18-Zöllern federt dieses Auto den größten Teil seines Lebens wie ein Skateboard.

Ausstattung und Infotainment top
Ansonsten macht der Adam S jedoch einen recht erwachsenen Eindruck. Die belederten, beheizbaren Recaro-Schalen sind fürchterlich teuer (2.010 Euro), aber wohl das beste, was je auf nur 3,70 Meter Auto verbaut wurde. Dank ihrer Höhenverstellung und dem Monster-Radius der Lenkradverstellung finden also auch seltsam kleine und absurd große Menschen eine gute Sitzposition. Ebenfalls schön: Klimaautomatik, Lenkradheizung und Opels Concierge-Service/Alleshelfer OnStar sind serienmäßig an Bord. Für einen moderaten Aufpreis (350 Euro) zieht auch das in der Redaktion durchweg beliebte R-4.0-Intellilink-Infotainmentsystem in den Adam S ein. Das eigene Smartphone connectete immer rasend schnell, die Menüführung erschien ziemlich logisch und Apple CarPlay/Android Auto war auch noch mit dabei.

Probleme mit dem Platz
Interieur-Minuspunkte? Eine Mittelarmlehne hätten wir uns gewünscht. Und etwas mehr Aufmerksamkeit von Opels Mode-Polizei. Unser Adam S kombinierte nämlich viel blaues Leder an Lenkrad, Schaltknauf und Co. mit roten Tür-Nähten und einem rot lackierten Innenspiegel. Dafür kriegt der Style-verliebte Adam sicher kein Foto. Drum prüfe die Konfiguration, wer sich ewig bindet. Was zudem wünschenswert gewesen wäre: Ein Zugang in den Fond, der auch Menschen über 1,30 Meter ein Fünkchen Restwürde garantiert. Schon mal versucht, einen Kindersitz an der undurchdringlichen Recaro-Festung vorbei in den Fond eines Adam S zu wuchten? Es gibt entspannendere Tätigkeiten. Gepäck über die zu hohe Ladekante dieses Fahrzeugs zu bugsieren, gehört nur teilweise dazu. Der Kofferraum, der dahinter wartet, verleitet mit seinen 170 Liter auch nicht gerade zu Jubelstürmen. Klappt man um, reichen die 663 Liter aber natürlich relativ locker für den Urlaub zu zweit.

Etwas durstig
Bliebe noch das Kapitel Kosten. Die knapp 24.500 Euro für unseren ziemlich vollausgestatteten Adam S klingen natürlich recht happig. Sind sie auch. Wer nicht jedes verfügbare Colour-Paket mitbestellt oder auf die – leider sehr sehr guten und attraktiven – Recaro-Stühle verzichten kann, dürfte aber bei um die 20.000 Euro landen und das ist dann auch ein fairer Preis. Weitere Kostentreiber? Nun, Mängel gab es während unserer gemeinsamen Zeit erwartungsgemäß keine. Der Durchschnittsverbrauch von 7,6 Liter war hingegen kein Ruhmesblatt. Bei der Versicherungseinstufung liegt der Adam S mit den Typklassen 14, 18 und 19 (Haftpflicht, Teilkasko, Vollkasko) noch im grünen Bereich.

Zufrieden? Ja. Begeistert? Nein.
Was letztlich hängen bleibt nach knapp drei Monaten Opel Adam S? Hm, ein bisschen schwierig ist das schon. Für ein bis an die Zähne bewaffnetes Hot Hatch, das dir bei jeder Fahrt die Mundwinkel ganz ganz oben festtackert, reicht es nicht ganz. Für einen reinen Innenstadt-Wusler und Einkaufskorb ist der schnellste Adam aber zu gut. Die meisten Mitglieder der Redaktion hinterließ der niedlich-bissige Opel zufrieden. Jubelstürme und Gänsehaut-Attacken löste er in der Regel aber nicht aus. Hätten mehr Kollegen Töchter zwischen 16 und 22 sähe die Sache vermutlich ganz anders aus. Sprich: Für Menschen, die einen Kleinstwagen mit Kraft-Reserven wollen und die die forsch-knallige Optik gut finden, ist der Adam S sicher eine Überlegung wert.

Dauertest-Gesamtbilanz
Dauertest-Beginn: 3.352 Kilometer; Dauertest-Ende: 6.168 Kilometer; Gefahrene Kilometer: 2.816 Kilometer; Spritverbrauch insgesamt: 214,22 Liter; Durchschnittsverbrauch: 7,6 Liter; Grundpreis: 19.145 Euro; Testwagenpreis: 24.460 Euro Was uns gefallen hat: das erwachsene Fahrverhalten; die spaßige Balance; der Mini-Wendekreis (9,80 Meter); die Recaro-Sitze; das Infotainment Was uns nicht gefallen hat: der zu zahme Motor; die zu gummige Lenkung; die Hoppel-Federung; der ,Glamour-Racing"-Look (die meisten Mitglieder der Redaktion sind dann doch über 30); das dürftige Raumangebot hinten und im Kofferraum Welche Ausstattung wir bestellen würden: Radio R 4.0 Intelli Link (350 Euro) Welche Ausstattung wir uns sparen würden: All die optischen Individualisierungen (Dach, Dachhimmel, Colour-Pakete, Räder), die zusammengefasst ganz schön ins Geld gehen

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Reihen-Turbobenziner 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 1.364 
Leistung in PS 150 
Leistung in kW 110 
bei U/min 2.750 - 4.500 
Drehmoment in Nm 220 
Antrieb Frontantrieb 
Gänge
Getriebe Schaltgetriebe 
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1.472 
Spurweite hinten in mm 1.464 
Bremsen vorn Scheiben innenbelüftet 
Bremsen hinten Scheiben 
Wendekreis in m 9,80 
Räder, Reifen vorn 215/45 R17 
Räder, Reifen hinten 215/45 R17 
Lenkung elektronische Servolenkung 
Maße und Gewichte
Länge in mm 3.698 
Breite in mm 1.720 
Höhe in mm 1.484 
Radstand in mm 2.311 
Leergewicht in kg 1.178 
Zuladung in kg 387 
Kofferraumvolumen in Liter 170 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 663 
Dachlast in kg 50 
Tankinhalt in Liter 35 
Kraftstoffart Superbenzin 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 210 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 8,5 
Elastizität von 80-120 km/h in Sekunden 7,9 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 5,9 
EG-Verbrauch innerorts in Liter/100 km 7,6 
EG-Verbrauch außerorts in Liter/100 km 4,9 
CO2-Emission in g/km 139 
Schadstoffklasse Euro 6 


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Bild von: Fabian Grass