Dem i8 ein Facelift zu verpassen, ist in etwa so notwendig, wie die Botox-Behandlung einer 15-Jährigen. Das bayerische Ufo mag seit 2014 auf dem Markt sein (sind es wirklich schon wieder vier Jahre?!), aber es sieht noch immer aus, als wäre es gerade eben aus einer sehr fernen, sehr hochentwickelten Galaxie auf unseren unbeholfenen Planeten geplumpst. Die Batterie-Technik allerdings entwickelt sich rasend schnell weiter. Und BMW ist so freundlich, seine neugewonnenen Energiespeicher-Erkenntnisse mit den Kunden des „Sportwagens der Zukunft“ zu teilen. Sprich: Der i8 hat künftig deutlich bessere Akkus an Bord. Sie versprechen etwas mehr Leistung und spürbar mehr elektrische Reichweite. Die ganz große Neuerung aber ist eine andere: Richtig, BMW hat seinem Hybrid-Sportler das Dach geklaut. Das Ergebnis ist der neue i8 Roadster, der mit seinen rahmenlosen Flügeltüren und dem superschlauen 3D-Drucker-Verdeck-Mechanismus noch eine dicke Schicht Extra-Science-Fiction aufs i8-Brot schmiert.

Ist er die bessere, zeitgemäßere Alternative zu Audi R8 Spyder, 911 Cabrio und Co?

Moment, nicht so schnell. Wir wollen den gleichen Fehler nicht zweimal machen. Als das i8 Coupé auf den Markt kam, war es vielen nicht dynamisch genug. Kein echter Supersportler. Und bei weitem kein Elfer. Aber das sollte er auch niemals sein. BMW hat dieses Auto völlig anders positioniert. Nicht als kompromisslose Rennstreckenfeile, sondern als sportliches Statement für enthusiastische (und sehr reiche) Öko-Vordenker. Natürlich konnten Sie mit einem BMW i8 immer sehr engagiert fahren und dabei eine Menge Spaß haben, aber wenn Sie ihn als klassisches Supercar, als bedingungsloses Kurvenmonster gesehen haben, dann lagen Sie – auch wenn er verdammt nochmal danach aussieht – einfach nicht ganz richtig.

Okay, verstanden. Ist es jetzt anders?

An der Grundausrichtung hat sich mit dem i8 Facelift – und natürlich gilt das auch für den neuen i8 Roadster – nichts geändert. Allerdings haben sich die Ingenieure sehr wohl den ein oder anderen Kritikpunkt zu Herzen genommen, ein klein wenig an der als zu schwergängig kritisierten Lenkung oder den Stabilisatoren gedreht. Außerdem gibt es neue 20-Zoll-Felgen, die nun pro Stück ein Kilo leichter sind als vorher. Und die Frontpartie wurde im Bereich des Stoßfängers minimal umgemodelt, damit es die Luft künftig besser ums Radhaus herumzieht. Optisch war sonst ja nun wirklich nichts nötig. Der i8 wird auch 2025 noch aussehen, als wäre er aus der Zukunft geflohen. Und den Leuten scheint es zu gefallen: Geht es rein nach der Zahl an Blicken und hochgereckten Daumen während meines Testtages im 17. deutschen Bundesland, kann der leise sirrende Hybrid-Sportler locker mit den klassischen Posterboys von Ferrari, Lamborghini oder McLaren mithalten.

Dass er offen war, wird nicht geschadet haben! Was ist neu beim i8 Roadster?

Wenig überraschend besitzt er ein Verdeck. Es ist aus einem Stoff, der ein bisschen nach dicker Jeans aussieht und verschwindet innerhalb von 15 Sekunden (bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h) kunstvoll im Verdeck-Kasten hinter den Vordersitzen. Kunstvoll bedeutet: Elektrisch und vertikal, was sehr leise ist und viel Platz spart. Außerdem sind die Alu-Anbindungsteile der Verdeckmechanik aus dem 3D-Drucker und sehen aus wie ein High Heel. Nerd-Faktor: 5.000. Versteifungen gibt es hauptsächlich im Bereich des Windschutzscheibenrahmens. Hier aber komplett aus Carbon. Dazu kommen zusätzliche hintere Schubfelder und ein paar Extra-Streben im Bereich der Vorder- und Hinterachse. Insgesamt ist der Roadster 60 Kilo schwerer als das Coupé, liegt leer bei 1.595 Kilo. Natürlich (und leider) entfällt die durchaus brauchbare Rückbank des geschlossenen i8. Allerdings hat BMW hinter den Sitzen immerhin 100 Liter Stauraum gefunden, die die etwas kümmerlichen 88 Liter des „Kofferraums“ ergänzen.

Merkt man die Extra-Power?

Nun, direkt revolutionär ist der Performance-Anstieg beim modellgepflegten i8 freilich nicht. Und er entstammt komplett der gesteigerten Leistungsfähigkeit der neuen Lithium-Ionen-Batterie. Deren Zellen sind deutlich umtriebiger als bisher. Die Kapazität steigt von 20 auf 34 Amperestunden, der Energiegehalt von 7,1 auf 11,4 Kilowattstunden. Das entspricht einer Verbesserung um 70 Prozent. Weil mehr Energie da ist, darf der E-Motor des i8 kräftiger pumpen als bisher. Seine Leistung wächst um 12 auf 143 PS. Der herrlich charismatische 1,5-Liter-Dreizylinder leistet nach wie vor ziemlich erstaunliche 231 PS und 320 Newtonmeter, ist jetzt aber mit einem Partikelfilter ausgestattet. Der i8 Roadster beschleunigt in 4,6 Sekunden von 0-100 km/h, das i8 Coupé in 4,4 Sekunden. Und um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Man merkt die Extra-Power. Sehr deutlich sogar. Wenn auch nicht im herkömmlichen Sinne.

Etwas weniger mysteriös, bitte …

Der i8-Antrieb (ich fuhr ausschließlich den neuen Roadster) wirkt nicht dramatisch anders als vorher. Das ist ein sehr gutes Zeichen. Mann muss die ungewöhnliche Combo aus E-Motor vorne und quer eingebautem Dreizylinder-Zampano hinten einfach nach wie vor lieben. Der massive Punch von Null weg, die ungewöhnlich schlagkräftige Mittellage zwischen 2.500 und 4.000 Touren … und auch oben raus ist noch richtig Zunder. Wie frenetisch der i8 jederzeit am Gas hängt, wie rau und aufmüpfig seine drei Töpfe in den Gehörgang springen (trotz offensichtlicher Soundverstärkung ist der Klang dieses Autos nach wie vor eine helle Freude). Klar, BMWs Plug-in-Hybrid-Roadster ist nicht annähernd so schnell wie andere Sportwagen-Exoten seiner Preisklasse. Aber er ist mehr als schnell genug und liefert seine Performance auf sehr aufregende, involvierende Weise. Außerdem weiß er durch so viele andere Fähigkeiten zu begeistern: In einem offenen Sportwagen auf Knopfdruck völlig lautlos dahinzugleiten, beim Überholen nichtsahnende Radfahrer zu erschrecken … das hat schon fast etwas mystisches. Das Schöne ist (und jetzt komme ich endlich zum Punkt): Durch die neue Batterie können Sie das zwar nicht wirklich schneller, aber viel viel länger tun als bisher.

Wie lange?

Nun, BMW verspricht beim i8 Roadster 53 Kilometer elektrische Reichweite. Beim Coupé sind es nun 55. Gut 50 Prozent mehr als bisher. Und beim rein elektrischen Fahren hatte ich nicht das Gefühl – wie bei so vielen anderen Plug-in-Hybriden -, dass für jeden gefahrenen Kilometer drei Kilometer Reichweite vom Display verschwinden. Auch in den Hybrid-Modi „Comfort“ und „Sport“ geht nun deutlich mehr. Ich fuhr eine Strecke von um die 150 Kilometer. Etwas Autobahn, viel Bergstraße. Gerne auch mal zügiger. Vor dem Facelift konnten Sie bei jedem Kickdown zusehen, wie die Reichweite schneller fällt als Andi Möller in der Nähe eines Strafraums. Jetzt kam ich mit gut 380 Kilometer normaler und 15 Kilometer elektrischer Restreichweite an meinem Ziel an. Durchschnittsverbrauch: etwa 6,5, höchstens 8,5 Liter. Mit einem „normalen“ Sportwagen hätte ich auf solchen Straßen mindestens das Doppelte verbraucht.

Will ich überhaupt „zügiger“ fahren?

Ja, unbedingt. Hat man seinen Fahrstil einmal an diese sehr spezielle Gattung eines Mittelmotor-Roadsters angepasst, liefert der i8 Freude am Fließband. Erwarten Sie einfach keinen skalpellartigen, hirnfrostend schnellen Asphalt-Staubsauger wie den McLaren 570S oder den R8 Spyder. Der BMW mag aussehen, wie der extremste Supersportler, aber seine Seele ist grün. Sprich: Auch nach dem Facelift bleibt das „Vorderachsen-Problem“ bestehen. Vorderachsen-Was? Nun, im Kampf um jedes Gramm CO2 und jeden Meter Reichweite hat es BMW trotz der größeren Batterie bei den Zahnseide-dürren 195er-Vorderreifen belassen. Und selbst mit den optionalen 215er-Gummis geht die Traktion am Kurveneingang einfach ein bisschen zu früh flöten, was gerade in engeren Ecken zu Untersteuern führt. Furchtbar tragisch ist das nicht, ein wenig schade aber schon, denn an sich ist der i8 ein hochtalentiertes Sportgerät. Er hat eine hervorragende Balance, seine Lenkung ist grandios, er wirkt zackig, voller Tatendrang, straff, aber nicht hart. Und aus der Kurve heraus protzt er förmlich mit seinem Hybrid-Allrad-Grip.

Interessiert das den i8-Roadster-Fahrer überhaupt?

Das ist genau der Punkt. Vermutlich interessiert es ihn nicht die Bohne. Hier geht es eher darum, im Fluss zu fahren, die geniale Technik zu genießen. Weite, schnelle Kurven, die ansatzlose Kraft, das renitente Grummeln des Dreizylinders im Rücken, die futuristischen Flanken im eigenen Seitenspiegel. Und dann lautlos rein ins nächste Dorf. Ohne Dach ist die Stille ja gleich noch viel stiller. Die Blicke der Menschen nicht angewiedert, weil man ihre Luft und Ruhe mit einem brüllenden V8 zerstört, sondern anerkennend, weil man viel Geld ausgegeben hat, um ihre Umwelt zu schonen. Der i8 Roadster mag nicht den Grenzbereich seiner klassischen Mitbewerber haben, aber er kann so viel, was die anderen nicht können. Er wirkt noch immer wie eine ganz neue Art von Sportwagen: technisch faszinierend, sehr zeitgemäß, ohne schlechtes Gewissen. Und für diese sehr moderne Art des Genussfahrens scheint der luftigere, flamboyantere Roadster tatsächlich besser geeignet als das Coupé.

Was muss ich sonst noch wissen?

Das Infotainment übernimmt jetzt die Kachelmenüs von den übrigen BMWs. Außerdem gibt es im Head-up-Display nun einen schicken Drehzahlmesser samt Schaltblitz, wenn man im Sportmodus fährt. Was es nach wie vor nicht gibt, sind die üblichen semiautonomen Fahrhilfen, was ziemlich seltsam erscheint bei DEM Markenbotschafter der Zukunft. Schwächen? Die A-Säulen sind noch immer viel zu dick, was die Einsicht in Kurven doch empfindlich stört. Außerdem könnten die perfekt positionierten Sitze durchaus etwas mehr Lordosen-Unterstützung geben. Ach ja: Sie können den i8 Roadster in gut vier Stunden an einer Haushaltssteckdose vollmachen oder in knapp unter drei, wenn Sie sich eine Wallbox anschaffen. Ohne die Wallbox kostet er ab 155.000 Euro und damit genau 17.000 Euro mehr als das Coupé. Echte Konkurrenz hat letztlich auch der i8 Roadster nicht wirklich. Klassische und deutlich performantere Mittelmotor-Roadster-Konkurrenz kommt in Form des 540 PS starken Audi R8 V10 Spyder für mindestens 179.000 Euro oder des 570 PS starken McLaren 570S Spider, der ab 208.975 Euro zu haben ist.

Wertung

★★★★★★★★★☆

Klar, auch der neue i8 Roadster sieht auf seine ganz eigene Science-Fiction-Art absolut atemberaubend aus. Dank der neu abgestimmten Lenkung fährt er jetzt noch ein wenig gefühl- und lustvoller. Ansonsten fährt er wie ein i8 immer fuhr. Und das ist gut. Auch der Roadster lenkt sich nicht wie ein klassisches Supercar, muss Öko-Abstriche machen. Irre viel Spaß bringt er trotzdem. Auf eine andere, ganz moderne und zukunftsfähige Art. Die größte Errungenschaft des Roadsters (und des Facelifts allgemein) ist aber sicher die deutlich gesteigerte elektrische Reichweite. Damit kann man jetzt im alltäglichen Betrieb richtig was anfangen. Teuer ist er natürlich, der i8 Roadster. Aber er bleibt mehr Zukunfts-Statement als ein Sportwagen für viele. 14.000 Coupés hat BMW seit 2014 verkauft. Vom Roadster erhofft man sich einen Push. Für uns passt er auch besser zu dieser zeitgemäßen Art des Genussfahrens.

+ genial und lustvoll umgesetzter Hybrid-Antrieb; sehr kompetente, gefühlvolle und dynamische Abstimmung; absoluter Eyecatcher; stark verbesserte E-Reichweite; sehr geringer Verbrauch

- dünne Reifen verhindern bessere Performance; schlechte Rundumsicht; sehr teuer

  • Antrieb
    95%  
  • Fahrwerk
    85%  
  • Karosserie
    90%  
  • Kosten
    85%  

 

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Plug-in-Hybrid mit E-Motor an der Vorderachse 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 1.499 
Leistung in PS 231 
Leistung in kW 170 
bei U/min 3.700 
Drehmoment in Nm 320 
Antrieb Hybrid-spezifischer Allradantrieb 
Gänge
Getriebe Automatik 
Fahrwerk
Wendekreis in m 12,3 
Räder, Reifen vorn 195/50 R20 
Räder, Reifen hinten 215/45 R20 
Lenkung elektromechanische Servolenkung 
Geländekompetenz
Bodenfreiheit in mm 117 
Maße und Gewichte
Leergewicht in kg 1.595 
Kofferraumvolumen in Liter 88 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 188 
Tankinhalt in Liter 30 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 250 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 4,6 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 2,0 
Testverbrauch Gesamt in Liter/100 km 7,0 
CO2-Emission in g/km 46 
Schadstoffklasse Euro 6 
Weitere Informationen
Systemleistung 275 kW/374 PS 
elektrische Reichweite 53 Kilometer 
Elektromotor 143 PS/250 Newtonmeter 
Getriebe Elektromotor zweistufige Automatik 
Höchstgeschwindigkeit elektrisch 120 km/h 

 

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