Die Leute gucken, egal in welchem der beiden Wagen wir gerade unterwegs sind. Der BMW 550i Gran Turismo und der Porsche Panamera S erzeugen Aufmerksamkeit. Die Wagen sind riesig und mit jeweils um die 400 PS alles andere als untermotorisiert. Ihre Besonderheit: Beide bieten vier Sitzplätze, die so was von echt sind, dass auch groß gewachsene Passagiere hinten jede Menge Platz genießen. Wir lassen den Bayern und den Schwaben aufeinander los.

KAROSSERIE/INNENRAUM
Der BMW 5er GT ist optisch riesig. 1,56 Meter hoch gebaut, erstreckt er sich auf einer Länge von 5,0 Meter. Sein coupéhaftes Heck verleiht ihm dabei eine prägnante Seitenlinie. Der Wagen ist vor allen Dingen eins: auffällig. Dies spüren wir nicht nur an den Blicken der Fußgänger, sondern auch auf der Autobahn: Wenn der dicke Bayer von hinten angebraust kommt, quetschen sich selbst noch andere weit entfernte BMW-Fahrer schnell in eine Lücke auf der Mittelspur, um unserem Brummer Platz zu machen. Das muss einem nicht gefallen, wer den gierig und ein bisschen irre guckenden Bayern mal im Rückspiegel hatte, versteht das aber.

Panamera nicht viel anders
Der Panamera ist vor allen Dingen breit, 1,93 Meter – würde man dem 5er GT ordentlich einen mit der Dampframme überbraten, würde er sich äußerlich wahrscheinlich Richtung Panamera entwickeln. Die Leute gucken interessiert – wenn wir mit beiden Wagen gleichzeitig unterwegs sind, zieht der Panamera die Blicke etwas stärker an. Auf der Autobahn wird auch ihm Platz gemacht, wobei er nicht so wuchtig aus dem Rückspiegel der vor ihm Fahrenden schaut wie sein bayerischer Konkurrent. Die Heckansicht des 5er-Spannranzens und sein flaches Porsche-Pendant sind auf jeden Fall interessant – eine geschmackliche Bewertung muss hier jeder selbst vornehmen. Beide Wagen werden wohl eher wegen ihrer Technik und ihres Prestiges als wegen ihres Exterieur-Designs gekauft.

Innen am Rand
Sowohl der 5er GT als auch der Panamera gehören zur Spitze des deutschen Automobil-Baus. Da beide auch noch vier Leute rundum verwöhnen wollen, geht es hier in Sachen möglicher Innenraum-Ausstattungen um den Anschlag. Echtholz, Leder, Karbon und Metall – edle Materialien verwöhnen jeden leidgeprüften Hartplastik-Allergiker. Eine präzise Verarbeitung dieser Stoffe ist in der Wagenklasse selbstverständlich. Im BMW genießen wir vorne komfortable x-fach verstellbare Sitze und viel Platz. Hinten dann die beiden Einzelsitze: Mehr Komfort geht kaum, so ein Liegesitz-artiges Business-Class-Gestühl haben wir noch nicht erlebt. Im Fond des BMW ist es definitiv gemütlicher als vorne – und wir haben ähnlich viel Beinfreiheit. Wenn Sie mal in einem 5er GT abgeholt werden, meint man es gut mit ihnen.

Head-up – nicht nur
Im BMW stehen dem Mann hinterm Steuer so ziemlich alle erdenklichen Helfer zur Verfügung: Totwinkel-Assistent, Spurverlassens-Warner, Nachtsicht-Funktion mit Personen-Erkennung und ein Abstandsregel-Tempomat mit Stop-and-go-Funktion. Aber das schönste leuchtet in der Frontscheibe: Die Informationen des Head-up-Displays (1.390 Euro). Bei diesem System liegt die Kundenzufriedenheit prozentual auf gleicher Höhe mit den Wahlergebnissen nordkoreanischer Potentaten: 100 Prozent. Beim 5er GT wird nicht nur die aktuell gefahrene Geschwindigkeit in die Frontscheibe gespiegelt, die Navi-Daten zeigen anhand von übersichtlichen Skizzen, wo es lang geht – der schnöde bloße Pfeil hat an komplizierten Kreuzungen ausgedient. Und während die Gäste im Fond bräsig in ihren Sesseln lümmeln, können sie sich noch über die in den Lehnen der Fordersitze eingelassenen Monitore mit Fernsehen oder DVD-Filmen die Zeit vertreiben (2.600 Euro).

Sportlich bis hinten
Im Porsche geht es nicht minder edel zu. Die Kabine wirkt extrem hochwertig und gefällt durch ihren modernen Schick mit breiter Mittelkonsole und den vielen Knöpfen. Hier finden wir dann auch einen der großen Unterschiede zwischen dem 5er GT und dem Panamera: Während man bei BMW auf das leicht mit einem großen Dreh-Drückknopf zu bedienende iDrive setzt, können es bei Porsche anscheinend nicht genug Direktwahl-Knöpfe sein. Das iDrive hat man umgehend intuitiv drauf, die Porsche-Knopfparade verlangt nach ein bisschen Eingewöhnung – wird dann aber zu einem guten Freund. Das Gestühl des Zuffenhauseners wirkt etwas sportlicher als das des BMW, wobei der Langstrecken-Komfort nicht zu kurz kommt. Über die Beinfreiheit im Fond können wir nicht meckern, sie fühlt sich üppig an. Auch lässt sich hier bereits ab Werk ein Fond-Entertainement-System installieren (3.558 Euro), aber an die Zweite-Reihe-Wohlfühlzone des 5er GT kommt der Panamera nicht heran – hier liegt der Bayer ganz klar vorn.

Weniger Assistenten – und andere
Auch im Panamera können dem Fahrer diverse Assistenz-Systeme unter die Arme greifen, aber die geballte BMW-Vielfalt wird nicht erreicht: Das geliebte Head-up-Display steht ebenso wenig zur Verfügung wie Totwinkel-Assistent oder Spurverlassenwarner. Dafür gibt es im Panamera etwas, was wir im BMW nicht bekommen können: eine Launch Control. Für 797 Euro hilft dieses im Sport Chrono Paket Plus enthaltene System beim perfekten Rennstart. Und im Handbuch des Panamera wird beschrieben, wie mit der im Sport-Chrono-Paket eingebauten Stoppuhr die Zeiten auf einem Rundkurs genommen werden können – noch Fragen? Die sportbetonte Ausrichtung des Panamera mit im Vergleich zum BMW leicht abgespeckten Ausstattungs-Möglichkeiten wird noch durch den manuell oder automatisch ausfahrbaren Heckspoiler unterstrichen.

Heck-Räume
Wer schon Platz für vier bietet, sollte den Passagieren auch die Möglichkeit geben, ein bisschen Gepäck mitzunehmen. Und hier erleben wir eine kleine Überraschung: Der Panamera verträgt mit 445 Liter etwas mehr Gepäck als das wuchtige Hinterteil des Bayern. Ob die beiden nun beladen sind oder nicht: Die Übersicht nach hinten ist bei dem einen genauso grauenvoll wie bei dem andern. Hier helfen nur Einparksensoren. Die sind aber nur bei Gegenständen, die sie erkennen können, nützlich, wenn etwas fehlt, wie zum Beispiel die Straße, bringen sie nichts. Deshalb empfehlen wir auch noch dringend eine Heckkamera – damit wird beispielsweise das Rückwärtsfahren auf von Gräben gesäumten Feldwegen erträglich.

FAHRWERK/FAHRVERHALTEN
Das Fahrwerk mit luftgefederter Hinterachse des 5er GT ist verstellbar und versucht, jegliche Unbill von der wertvollen Fracht fern zu halten. Das Gleit-Gefühl ist phänomenal, wir wollen kaum noch aussteigen. Aber unser 550i ist mit 407 PS unterwegs, muss also nicht zwangsläufig den Leisetreter geben. Bis Tempo 200 sind wir in der Sport-Einstellung straff genug unterwegs, darüber hinaus würden wir uns noch ein wenig mehr Härte wünschen. Das gleiche gilt für die Lenkung: Im Stadtverkehr ultrakomfortabel, könnte sie in der schnell gefahrenen Autobahnkurve ruhig ein wenig verhärten. Die innenbelüfteten Bremsscheiben rundum haben wiederum mit dem 2,1-Tonnen-Brocken kein Problem, bearbeiten den Wagen wie ein deutlich leichteres Fahrzeug.

Oben raus fester
Unser Panamera S ist vorne und hinten auf Luft gebettet (1.952 Euro Aufpreis), auch sein Fahrwerk lässt sich verstellen. Vom Winter übrig gelassene Schlaglöcher nimmt er etwas härter als der BMW – eine Härte, die sich ab Tempo 200 auszahlt. Selbst wenn wir mit 250 km/h unterwegs sind, macht die Autobahnkurve noch einen Riesenspaß. Das gleiche gilt für die Lenkung: Mit genau dem richtigen Widerstand gibt sie dem Piloten zu jeder Zeit Sicherheit. Und die Porsche-Bremsen sind wie eh und je: Auf kürzesten Wegen bringen auch hier vier innenbelüftete Scheibenbremsen rundum den Wagen zum Stehen. Gegen rund 8.000 Euro Aufpreis ist beim Panamera sogar eine Keramik-Bremsanlage zu haben.

MOTOR/GETRIEBE
Der BMW hat 407 PS, der Porsche ist mit 400 PS unterwegs. Der Bayer schöpft seine Leistung aus einem V8 mit TwinPower Turbo, der Porsche aus einem V8-Sauger. Das Aggregat des 5er GT muss beim 550i mindestens 2,1 Tonnen schleppen, das Porsche-Herz bewegt wenigstens 1,8 Tonnen. Der 5er GT beschleunigt sanft, außer wir hauen das Gaspedal runter: Dann bricht sich der Wagen gnadenlos seine Bahn, guckt noch ein wenig gieriger in die Runde als ohnehin schon. 5,5 Sekunden vergehen beim Spurt auf 100 km/h. Dabei spult der Doppelturbo einen leicht kernigen Sound raus, ist allerdings weit entfernt vom Krawallmachen.

Ran an den Saft
Der finanzielle Aspekt des Spritkonsums schert die Kundschaft von Fahrzeugen wie unseren Vergleichswagen traditionell wenig. Trotzdem sind die Verbräuche interessant, schließlich ist es momentan gesellschaftlich angesagter, einen nicht ganz so durstigen Wagen zu fahren. Unser 550i Gran Turismo langt allerdings recht beherzt zu: 16,1 Liter Super sollen es im Schnitt schon pro 100 Kilometer sein. Bei deutlich über 200 km/h ballern auch mal 20,5 Liter durchs Antriebes-Gebälk.

Doppelter Klang
Der 4,8-Liter-V8 unseres Panamera S grollt uns voran. Wer von außen hinhört, ist noch mal um einiges mehr begeistert. Den Spurt auf 100 km/h schüttelt der Porsche in 5,6 Sekunden ab, mit Launch Control zischt der Wagen aus Stuttgart-Zuffenhausen in 5,4 Sekunden in den dreistelligen Bereich. Während der BMW bei 250 km/h elektronisch abgeregelt wird, sind beim Porsche 283 km/h drin. Was beiden Wagen gemeinsam ist: Sie haben immer noch mehr als genug Reserven, um jenseits der 220 km/h einen heftigen Zwischenspurt hinzulegen. Beim Verbrauch gibt er sich als Feinschmecker: Das teure Super Plus soll durch die Leitungen rinnen. Im Schnitt werden 17,8 Liter auf 100 Kilometer fällig, im Hochgeschwindigkeits-Betrieb können es dann auch schon mal 20,3 Liter sein.

Acht gegen Sieben
Schalten kann man beide Wagen selbst, muss man aber nicht. Während im 5er GT die Motorkraft an eine Achtgang-Automatik weitergeleitet wird, ist in unserem Panamera S ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) für die Verarbeitung der Momente zuständig. Während auch die Automatik im 5er GT auf Sanftheit ausgelegt ist und nur äußerst selten mit einem kleinen Ruckler auffällt, geht das Porsche-Doppelkupplungsgetriebe ein wenig ruppiger zu Werke. Dafür ist es dann auch zum rennsportmäßigen Gänge Reinknallen geeignet – und an ein Start-Stopp-System gekoppelt. Wer mit dem Panamera S an der roten Ampel steht, ist still und leise und verbrennt keinen Sprit. Das kann der Bayer nicht.

PREISE/KOSTEN
Wer sich einen BMW 550i Gran Turismo kauft, könnte sich auch einen Porsche Panamera S leisten. Schauen wir mal, auf welche Kosten sich die beim Preis eher unsensible Kundschaft solcher Wagen einstellen muss. Für den 550i ruft BMW 77.900 Euro auf – Porsche will für den Panamera S mit PDK spürbare 20.186 Euro mehr, also insgesamt 98.086 Euro. Die Grundausstattung beider Kämpfer liegt dabei auf absurd hohem Niveau: Mehrzonen-Klimaanlage, Sitzheizung vorn und Lederausstattung sind beispielsweise bei beiden Serie. Beim BMW kommt noch das Automatikgetriebe hinzu, beim Panamera S Xenonlicht. Am Ende ist der Porsche auch ausstattungsbereinigt deutlich teurer. Während eines Jahres kostet der BMW 17.806 Euro, beim Porsche sind es 17.410 Euro (Quelle: www.adac-autokosten.de, Haltedauer fünf Jahre, Jahreslaufleistung 15.000 Kilometer). Hier hat also der Porsche die Nase vorn – aber die jährlichen Gesamtkosten treiben Otto-Normalverdiener in Sekundenbruchteilen den Angstschweiß auf die Stirn.

Wertung

  • ☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆
  • Sobald man im Heck des 5er GT versunken ist, interessieren einen Leute, die sich durch solche Wagen provoziert fühlen, nicht mehr die Bohne. Wir schweben in einer schnellen Wolke und kommen unerreicht ausgeruht ans Ziel.

    In beiden Kombatanten lächeln die Insassen: im BMW wegen des phänomenalen Gleitkomforts und den besten Fond-Plätzen der Welt, im Porsche wegen der exzellenten Paarung aus Langstrecken-Komfort und kerniger Sportlichkeit.

    Wer gewinnt nun? Keine Ahnung. Unschlagbarer Komfort gegen komfortable Nordschleifen-Dynamik, beide Konzepte wurden jeweils perfekt umgesetzt: Wer mit enormen Kraftreserven gleiten will, ist beim 5er Gran Turismo 550i richtig. Wer gerne etwas sportlicher unterwegs ist und trotzdem Platz für vier möchte, für den ist der Panamera S die richtige Wahl.

  • BMW 550i Gran Turismo
    100%
    besser kann man kaum reisen
    kraftvoll und kultiviert unterwegs
  • Porsche Panamera S
    100%
    sportlicher Porsche für vier
    der Antrieb macht ungemein Spaß

Bildergalerie: Starker Fond