Wer hätte das bei einer Premium-Marke wie Mini gedacht? Der Cooper S E Countryman All4 ist derzeit der günstigste Plug-in-Wagen auf dem Markt überhaupt. Die zweite Überraschung ist: Dieses bemerkenswerte Faktum muss ich den Pressesprechern bei der Vorstellung des Neulings förmlich aus der Nase ziehen. Seltsam. Ist das was Negatives? Wohl kaum. Aber Geld ist ja nicht alles, also haben wir den Wagen erstmal getestet.

Fast 3.000 Euro günstiger als der Plug-in-BMW
Da wir nun schon mal beim Preis sind, hier gleich die nackte Zahl: 35.900 Euro kostet die neue Countryman-Version. Ein VW Golf GTE ist 1.000 Euro teurer, ein Audi A3 e-tron 2.000 Euro. Und der BMW 225xe Active Tourer iPerformance, der exakt die gleiche Plug-in-Hybrid-Technik hat wie der Mini, ist fast 3.000 Euro teurer. Wie kann das sein? Eine Marketingentscheidung, heißt es bei Mini. Vielleicht sieht man ja auch Ungemach auf sich zukommen? Der im Sommer 2017 startende Hyundai Ioniq Plug-in-Hybrid könnte günstiger sein …

Begrenzte elektrische Reichweite
Der koreanische Plug-in-Hybrid soll mit 63 Kilometer auch eine spürbar größere elektrische Reichweite haben als der Countryman, der (nach NEFZ) 42 Kilometer schaffen soll. In der Praxis ist es wie immer deutlich weniger: Im regen Stadtverkehr von Barcelona wäre ich mit dem Plug-in-Landmann nur etwa 25 Kilometer gekommen, und das bei gemäßigten Außentemperaturen von etwa 16 Grad.

Unendlich viele Modi
Den Plug-in-Mini zu fahren, ist eigentlich nicht schwer, er fährt sich wie ein normales Automatikauto. Doch wie bei vielen Plug-in-Fahrzeugen gibt es verwirrend viele Modi. "Das Auto kann eine ganze Menge", sagt BMW-"Hybridpapst" Uwe Seitz, "und ich hoffe, dass es damit nie langweilig wird." Zum Spielen gibt es neben drei Hybridmodi noch drei allgemeine "Mini Driving Modes" und zwei Modi, die am Automatikhebel eingestellt werden. Und alles hängt mit allem zusammen. Am Schluss rauft man sich entweder die Haare, oder man akzeptiert sein Nichtwissen und fährt einfach. Ich entschied mich für Letzteres. Nur noch eine Bemerkung hierzu: Man kann die Batterie auch während der Fahrt aufladen (zum Beispiel weil nach einem Fahrerwechsel auch der andere mal mit Akkuunterstützung fahren will). Dazu wählt man ,Save Battery" oder den Sportmodus des Getriebes.

Turbobenziner vorn, E-Motor hinten
Die Plug-in-Technik ist wie erwähnt vom BMW 225xe Active Tourer her bekannt. Zur Erinnerung: Der 136 PS starke Turbo-Dreizylinder aus dem Cooper treibt die Vorderachse an, für die Hinterachse ist ein 88 PS starker Elektromotor zuständig. So ergeben sich ein Allradantrieb und sehr respektable Daten: Die Systemleistung liegt bei 224 PS, das Gesamtdrehmoment bei 385 Newtonmeter. Mit der serienmäßigen Sechsgang-Automatik sorgt das für Fahrleistungen auf dem Niveau eines Cooper S Countryman All4. Zum Verkehrshindernis wird man also beileibe nicht.

Fährt sich fast wie ein BMW 7er
Subjektiv fährt sich der Wagen allerdings ein bisschen wie ein BMW 7er. Ein Kompliment für einen Mini ist das nicht unbedingt. Der Plug-in-Countryman wirkt zwar sehr solide und man hat das Gefühl, er steht felsenfest auf der Straße. Aber er wirkt auch nicht so spontan und leichtfüßig, wie es sich für einen Mini gehört. Zu dem Eindruck tragen das dicke Lenkrad und der hohe Lenkwiderstand bei, aber vor allem das Leergewicht: 1,7 Tonnen sind wirklich viel. Damit liegt der Mini auf dem Niveau des Opel Ampera-e, obwohl der ein reines Elektroauto ist und 430 Kilo Batterien mit sich herumschleppt statt 50 Kilo wie der Mini.

Einschränkungen gegenüber normalem Countryman
Es gibt aber noch andere Nachteile der Plug-in-Version gegenüber dem normalen Countryman – keine wirklich gravierenden Sachen, eher Nadelstiche. Elektronische Dämpfer (DDC) werden hier nicht angeboten, weil man sich die Zusatzkosten für die Abstimmung sparen wollte, so Seitz. Auch ist hier keine verschiebbare Rückbank bestellbar, die Sitze sind sozusagen in der hinteren Position festgeschweißt. Aus Platzgründen verkleinert sich auch der Benzintank von 51 auf 36 Liter. Traditionalisten müssen zudem auf das ansonsten optional verfügbare Notrad verzichten.

Nichts für E-Bike-Fahrer
Der Kofferraum ist ebenfalls etwas kleiner, allerdings fiel nur etwa die Hälfte des Raums unter dem Ladeboden weg. Das kann man verschmerzen, auch 405 bis 1.275 Liter (statt 450 bis 1.390 Liter) sind noch ordentlich. Die bitterste Einschränkung ist wohl, dass es keine Anhängerkupplung gibt. So kann man nicht mal einen vernünftigen Fahrradträger montieren, um zwei E-Bikes zu transportieren. Hybridpapst Seitz sagt, das liegt daran, dass im Bereich der hinteren Ladekante Elektrokomponenten stecken und so schlicht der Bauraum fehlt.

Günstig, aber wohl kein Renner
Wem die Nadelstiche nichts ausmachen, der bekommt für die erwähnten 35.900 Euro eine Countryman-Version, die auch in Relation zu den konventionellen Varianten attraktiv ist. Der Cooper SD All4 mit 190-PS-Diesel kostet genauso viel. Und nach Abzug der Förderprämie spart man mit dem Plug-in-Modell sogar noch 3.000 Euro. Zum Verkaufsrenner dürfte der Wagen dennoch nicht werden, denn Plug-in-Hybride sind in Deutschland eher Ladenhüter. Von BMWs Plug-in-Van werden laut Seitz täglich 48 Stück produziert. Das wären pro Jahr wohl etwa 10.000 Stück – für die ganze Welt. Viel mehr als 1.500 Autos dürften davon nicht auf Deutschland entfallen. Beim Countryman erwartet Mini einen Plug-in-Anteil im einstelligen Prozentbereich. Marktstart ist am 24. Juni 2017.

Wertung

    • ★★★★★★★★☆☆

Der Mini Cooper S E Countryman All4 ist nichts für eingeschworene Elektro-Fans, er ist eher eine elektrische Einstiegsdroge. Wer es ganz ernst meint mit dem elektrischen Fahren, investiert wahrscheinlich ein paar Tausender mehr und kauft ein reines Elektroauto. Aber der Plug-in-Mini fährt zumindest ein bisschen elektrisch, und er hat einen für Einsteiger attraktiven Preis – ohne einen zu zwingen, seinen Alltag zu verändern.

+ für einen Plug-in-Hybrid sehr günstig
- geringe elektrische Reichweite, keine Anhängerkupplung, hohes Leergewicht

  • Antrieb
    80%  
  • Fahrwerk
    80%  
  • Karosserie
    80%  
  • Kosten
    85%  

 

Preisliste


Mini Cooper S E Countryman All4
Grundpreis: 35.900 Euro
Ausstattungen Preis in Euro
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. Fensterheber hinten Serie
elektr. verstellbare Außenspiegel Serie
Klimaanlage Serie
Zentralverriegelung mit Fernbed. Serie
Automatikgetriebe Serie (6 Gänge, keine Schaltwippen)
Metalliclackierung Serie (grau, andere Farben: 600 Euro)
Leichtmetallfelgen Serie (17 Zoll)
Sitzhöheneinstellung Serie (vorne)
Nebelscheinwerfer 150
Anhängevorrichtung -
Ladekabel (5 Meter) Serie
Radio mit 6,5-Zoll-Display, Bluetooth, Aux, USB, Navi Serie
Fahrmodi (Mini Driving Modes: Sport, Mid, Green) Serie
Fondsitze umklappbar im Verh. 40:20:40 Serie
schlüsselloser Zugang und Start Serie
Licht- und Scheibenwischerautomatik Serie
elektrische Parkbremse Serie
Assistenz-Paket "Driving Assistant" (Abstandstempomat bis 140 km/h ohne Bremsfunktion, Fernlichtassistent, Verkehrszeichenerkennung) 990
Sitzheizung 330
Head-up-Display 600
LED-Scheinwerfer mit Abbiegelicht 990
Sensorgesteuerte Heckklappe (Öffnen und Schließen) 450
Parkpiepser vorn / vorn und hinten 390 / 800
Picnic Bench (Sitzauflage auf Kofferraumschwelle) 120

 

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Plug-in-Hybrid-Antrieb mit Turbobenziner (Vorderachse), E-Motor (Hinterachse) und Lithium-Ionen-Akkus 
Zylinder
Hubraum in ccm 1.499 
Leistung in PS 136 
Leistung in kW 100 
bei U/min 1.250-4.300 
Drehmoment in Nm 220 
Antrieb Allradantrieb 
Gänge
Getriebe Automatik 
Fahrwerk
Räder, Reifen vorn 17-Zoll-Aluräder mit Reifen 225/55 R17 
Räder, Reifen hinten wie vorne 
Maße und Gewichte
Länge in mm 4.299 
Breite in mm 1.822 
Höhe in mm 1.559 
Radstand in mm 2.670 
Leergewicht in kg 1.735 
Zuladung in kg 535 
Kofferraumvolumen in Liter 405 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 1.275 
Tankinhalt in Liter 36 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 198 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 6,8 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 2,1 
CO2-Emission in g/km 49 
Schadstoffklasse Euro 6 
Weitere Informationen
1/moreName 65 kW (88 PS), 165 Nm bei 0-3.000 U/min 
2/moreName 165 kW (224 PS) / 385 Nm 
3/moreName Lithium-Ionen-Technik, 7,6 kWh brutto 
4/moreName 42 km /125 km/h (Max eDrive) 
5/moreName 2h15 an der Wallbox (3,7 kW, 16 A / 230 V), 3h15 an der Haushaltssteckdose 



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