Es ist noch nicht lange her, da waren Elektronikhelfer wie eine Verkehrsschilderkennung oder ein Kollisionswarnsystem wahre Wunder. Dergleichen konnte man höchstens in der automobilen Oberklasse bestellen. Inzwischen ist die Technik im Kompaktsegment angekommen. Wir haben drei Golfklasse-Autos getestet und dabei erkundet, wieviel Hightech man hier inzwischen erwarten darf. Aber natürlich haben wir die Fahreigenschaften nicht außer acht gelassen. Unsere drei Kandidaten sind beliebte Fahrzeuge: der BMW 1er, der Ford Focus und die neue Mercedes A-Klasse, also zwei Autos von Premiummarken und eines von einem Volumenhersteller. Die Testwagen sind mit Benzinern um die 130 PS bestückt.

MOTOR / GETRIEBE
Nachdem sich beim Dieselmotor in den letzten Jahren die Turboaufladung praktisch vollständig durchgesetzt hat, ist beim Benziner inzwischen der gleiche Trend zu beobachten: Immer mehr Fahrzeuge haben einen Lader, und vielleicht wird es schon in ein paar Jahren keine Kompaktautos mit Saugmotor mehr geben. Unsere drei Fahrzeuge besitzen jedenfalls allesamt aufgeladene Aggregate.

Kleiner Dreizylinder gegen zwei 1,6-Liter
Am interessantesten ist das Konzept des Ford-EcoBoost-Motors, denn es handelt sich um einen Einliter-Dreizylinder mit sage und schreibe 125 PS. Konventioneller sind die Vierzylindermotoren von BMW und Mercedes. Im 116i arbeitet seit dem letzten Generationswechsel ein 1,6-Liter-Turbo, genau wie im neuen A 180. Am meisten Leistung hat der Münchner Wagen mit seinen 136 PS, während der Ford und die A-Klasse (122 PS) praktisch gleichauf liegen. Wie aufgrund der höheren Leistung zu erwarten, fährt der 1er mit einer Standard-Sprintzeit von 8,5 Sekunden vorneweg. Der Kompakte mit dem Stern fällt mit 9,2 Sekunden etwas ab, aber besonders groß ist die Distanz zum Focus, der gleich 11,3 Sekunden benötigt.

Fahrspaß? Am meisten im Ford
Völlig anders sieht die Reihenfolge aus, wenn man das Beschleunigungsgefühl vergleicht. Der Ford bietet eindeutig am meisten Fahrspaß, mit deutlichem Abstand gefolgt vom BMW und dem arg temperamentlosen Mercedes als Schlusslicht. Am überlegenen Drehmoment kann die Fahrfreude im Focus nicht liegen, denn auch hier trägt der Ford die Schlusslaterne. Er bietet 170 Newtonmeter, die A-Klasse hat 200 Newtonmeter, und der BMW führt mit 220 Newtonmeter. Das Fahrgefühl im Focus ist deshalb so überzeugend, weil das Auto so urplötzlich loslegt: Bei rund 1.800 Touren erlebt man einen überraschenden Schub. Dagegen entwickelt sich die Kraft bei den Konkurrenten gleichmäßiger, was harmonischer wirkt, aber auch weniger Fahrspaß bringt. Auch der sportlich wirkende, raue Dreizylinder-Sound des EcoBoost-Motors gefällt. Allerdings ist der Ford schon bei Tempo 140 recht laut, während Mercedes und BMW sich akustisch mehr zurückhalten.

Verbrauch: Focus vorn
Alle drei Motoren sind Direkteinspritzer mit serienmäßiger Start-Stopp-Automatik – gute Voraussetzungen für einen niedrigen Verbrauch. Wenn es nach dem Datenblatt geht, liegen der BMW und der Mercedes mit 5,5 Liter auf 100 Kilometer auf dem gleichen Niveau. Der kleine Hubraum des Ford zahlt sich an der Tanksäule aus: Mit 5,0 Liter ist er so sparsam, wie es früher nur Diesel waren. In der Praxis liegen die Verbräuche wie üblich höher. Die beiden Premiumautos lagen nach den absolvierten Testfahrten bei 8,0 beziehungsweise 8,1 Liter je 100 Kilometer, während sich der Ford mit 9,3 Liter etwas mehr genehmigte.

Wie von magischer Hand gezogen
Alle drei Kandidaten besitzen eine Sechsgang-Schaltung. Die des Ford Focus überzeugt am meisten, denn hier flutscht der Ganghebel wie von magischer Hand gezogen in Position. Beim BMW muss man zum Einlegen eines Gangs dagegen einen deutlichen Widerstand überwinden, während der Mercedes ein Mittelding der beiden Lösungen darstellt. Wer die Hand gewohnheitsmäßig auf dem Schaltknüppel ruhen lässt, den werden die Vibrationen stören, die ausschließlich beim BMW spürbar sind – sowohl im Stand wie während der Fahrt. Geschmackssache bleibt die Antriebsfrage: Der 1er bietet als einziger Wagen im Segment einen Hinterradantrieb, die anderen Kandidaten haben den üblichen Frontantrieb. Insgesamt entscheidet der Ford Focus die Kategorie Motor und Getriebe für sich, und das trotz des schlechteren Lautstärkeniveaus.

FAHRWERK / LENKUNG
Anders als beim Motor könnte die Wertung beim Fahrwerk aussehen, schließlich reklamiert BMW ,die hochwertigste Fahrwerkstechnik im Segment" für den 1er. In der Tat liegt der Wagen gut auf der Straße, aber auch die Konkurrenten sind nicht schlecht. Bei Fahrbahnunebenheiten rumpelt der Focus am meisten. Allerdings hat der Ford-Testwagen auch am wenigsten federnden Gummi zwischen Felge und Asphalt. Komfortabler geht es im BMW zu und am besten schneidet der Mercedes ab. Beim Ford fällt außerdem eine Nickneigung auf: Beim starken Beschleunigen knickt der Wagen in der Gangwechselpause vorne ein, und auch beim scharfen Bremsen. Dramatisch ist dies nicht, doch bei den Premiumkonkurrenten ist dies nicht zu beobachten. Was die Wankneigung angeht, so bietet sich ein ähnliches Bild: Der Mercedes wankt am wenigsten, liegt aber etwa gleichauf mit dem BMW. Der Ford schwankt in Kurven etwas stärker.

Kein adaptives Fahrwerk bei der A-Klasse
Alle drei Testkandidaten haben hinten eine aufwendige Mehrlenkerachse. Optional kann man den BMW mit adaptiven Dämpfern oder M-Sportfahrwerk ausrüsten, wobei der Testwagen das adaptive Fahrwerk besitzt. Der Mercedes lässt sich optional mit einem Sportfahrwerk ausstaffieren, adaptive Dämpfer sind jedoch nicht verfügbar. Beim Focus ist weder das eine noch das andere zu haben. Der 1er besitzt serienmäßig einen ,Fahrerlebnisschalter". Neben der Motorcharakteristik und den ESP-Eigenschaften beeinflusst er auch die Lenkung. Beim Testwagen werden auch die adaptiven Dämpfer angepasst. Groß sind die Unterschiede aber nicht. Serienmäßig steht neben den Modi Comfort und Sport auch der Eco-Pro-Modus für Spritsparfreunde zur Wahl.

Tempoabhängige Lenkübersetzung
Die Lenkung des BMW ist am direktesten. Auf der Autobahn fühlt sie sich zuweilen etwas nervös an. Besonders leicht gehen 180-Grad-Wenden von der Hand. Das mag an der optionalen ,variablen Sportlenkung inklusive Servotronic" liegen. Dabei ist Servotronic das BMW-Wort für eine geschwindigkeitsabhängige Servounterstützung. Der Rest des Wortungetüms steht für eine Lenkung mit variabler Übersetzung. Für die Praxis heißt das: Bei geringem Tempo ist nicht nur die benötigte Lenkkraft geringer als bei hoher Geschwindigkeit, sondern es reicht auch ein kleiner Lenkradeinschlag. Ebenfalls eine Lenkung mit variabler Übersetzung bietet Mercedes an. Bei der optionalen ,Direktlenkung" verändert sich die Übersetzung jedoch mit dem Lenkwinkel. Derart aufwendige Lenksysteme sucht man in der Focus-Preisliste vergeblich. Hier arbeitet stets eine elektromechanische Servolenkung mit fester Übersetzung. In der Praxis fühlt man den Unterschied der verschiedenen Systeme kaum. Auffällig ist jedoch die recht hohe Rückstellkraft der Ford-Lenkung. Insgesamt schneiden Mercedes und BMW beim Fahrwerk etwas besser ab als der Ford. Die Unterschiede sind jedoch eher gering.

KAROSSERIE / INNENRAUM
Mit 4,36 Meter ist der Focus das längste Auto im Vergleich, der BMW ist mit 4,32 Meter vier Zentimeter kürzer, der Mercedes sieben Zentimeter. Alle drei Testkandidaten sind Fünftürer mit fünf Sitzen. Einzig den BMW kann man auch dreitürig bestellen und bekommt dann eine zweisitzige Rückbank. Im Fond hat man in allen drei Autos Platz – auch als Erwachsener. Am wenigsten angenehm ist es in der A-Klasse. Hier stehen die Knie nach oben und die Beinfreiheit ist beschränkt, während die Kopffreiheit in Ordnung geht. Am meisten Platz ist im Focus-Fond, der BMW liegt dazwischen.

Schönstes Cockit: Mercedes
Der Mercedes bietet das schönste Cockpit. Besonders viel Eindruck machen neben der guten Verarbeitung das Tablet-artig gestaltete Display auf dem Armaturenbrett sowie die massigen Chromelemente an den Luftdüsen. Auch die Ergonomie stimmt hier. So genügt etwa ein Zug am Tempomat-Hebel, und schon wird die aktuelle Geschwindigkeit gehalten. Bei BMW und Ford muss man den Tempomaten zuerst aktivieren und kann dann erst die Geschwindigkeit setzen. Beim Focus ist das Cockpit arg zerklüftet – wer es schlicht mag, wird damit nicht glücklich. Die Lenkstockhebel für Blinker und Scheibenwischer sind aus billigem Plastik, und das Navi-Display ist mit fünf Zoll Diagonale sehr klein. Der BMW bietet die seit Jahren bekannte Optik. Unschön ist die orangefarbene Instrumentenbeleuchtung, doch das breitformatige Display des Navigationssystems Professional mit einer Diagonale von über acht Zoll verdient ein Lob.

Sitze: Bei Mercedes etwas breit
Die Sitze der Mercedes A-Klasse sind nicht schlecht, doch falllen sie recht breit aus. Wer nicht genug Körperfett oder eine zu grazile Konstitution mitbringt, wackelt deshalb in Kurven hin und her. Sportsitze kann man hier nicht bestellen. Große Fahrer bemängeln zudem die recht kurze Auflagefläche für die Oberschenkel. Sehr gute Stützqualitäten bieten die optionalen Sportsitze, die im getesteten Ford und im BMW verbaut sind. Auch in puncto Übersichtlichkeit patzt die A-Klasse. Beim Rechtsabbiegen in der Stadt fällt hier die dicke C-Säule negativ auf: Auch bei mustergültigem Schulterblick übersieht man leicht mal einen Radfahrer.

A-Klasse: Zu enger Kofferraumausschnitt
Beim Kofferraumvolumen unterscheiden sich die getesteten Kompakten wenig. Alle drei bieten etwa 350 bis 1.200 Liter. Die Rücksitzlehnen lassen sich bei allen Kandidaten asymmetrisch geteilt umklappen. Ganz eben wird der Ladeboden dabei in keinem Fall. Mercedes und BMW nähern sich dem Ideal stark, wogegen beim Focus eine ziemlich schiefe Ebene hinter den Vordersitzen bleibt. Außerdem hat der Ford wie der 1er eine etwas höhere Schwelle am Kofferraumeingang, die beim Ausladen stört, doch das sind nur Details. Was dagegen gar nicht geht, ist der extrem enge Kofferraumausschnitt der A-Klasse – so kann man Sperriges wesentlich schlechter einladen als bei allen anderen Kompaktautos. Auch der 1er hat eine unten verengte Kofferraumöffnung, aber so schlimm wie beim Mercedes ist es nicht. Insgesamt ergibt sich ein gemischtes Bild: Das schickste Cockpit bietet die A-Klasse, doch da ist die Kofferraumgestaltung schlecht. So endet diese Testkategorie mit einem Unentschieden.

AUSSTATTUNG / PREIS
Dass ein Premiumfahrzeug teurer ist als ein Volumenherstellermodell, dürfte klar sein. Im vorliegenden Fall beträgt der Unterschied über 3.000 Euro. Denn den 125-PS-Ford erhält man bereits ab 20.420 Euro, während der BMW 23.850 Euro und der Mercedes 23.979 Euro kostet. Die beiden Premiumautos sind also etwa gleich teuer. Beim BMW kann man allerdings noch 750 Euro sparen, wenn man sich für den Dreitürer entscheidet.

Vergleichbare Ausstattungen
Die Ausstattungsumfänge der Basisversionen sind bei den drei Kandidaten vergleichbar, mit leichten Vorteilen für die Premiumfahrzeuge von Mercedes und BMW. Die Einstiegsvariante des gefahrenen Focus 1.0 EcoBoost heißt Trend und umfasst schon die wichtigsten Elemente, darunter auch elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel, CD-Radio sowie Klimaanlage. Für elektrische Fensterheber hinten zahlt man 255 Euro Aufpreis. Der 116i hat auch hinten elektrische Scheibensenker, dafür muss die Heizfunktion der Außenspiegel extra bezahlt werden. Es gibt sie im Paket mit Nebelscheinwerfern für 210 Euro. BMW spendiert serienmäßig noch den Fahrerlebnisschalter und einen Motor-Startknopf. Beim Mercedes sind sowohl elektrische Fensterheber rundum als auch die beheizten Außenspiegel Standard. Hier hat das Radio jedoch kein CD-Laufwerk, sondern nur einen USB-Anschluss. Wer also seine umfangreiche CD-Sammlung nicht in MP3-Dateien konvertieren mag, muss 417 Euro Aufpreis zahlen. Zu den serienmäßigen Schmankerln des Mercedes gehören ein Kollisionswarnsystem, ein Fahrer-Knieairbag, eine aktive Motorhaube, eine Müdigkeitswarnung und eine elektrische Feststellbremse. Letztere löst sich allerdings nicht von selbst beim Anfahren – damit fällt der Hauptvorteil des Extras weg.

Kein Totwinkelwarner im 1er
Das etwas klein geratene Navi des Focus wurde schon erwähnt. Nun fehlt noch ein weiterer Aspekt des Hightech-Checks: Sind für die drei Autos auch moderne Assistenten bestellbar? Sämtliche Kandidaten, also auch das Volumenmodell, bieten optional oder serienmäßig einen Spurverlassenswarner, ein Kollisionswarnsystem und eine Verkehrszeichenerkennung. Das beeindruckt und zeigt, wie die Technik von den oberen in die günstigen Klassen wandert. Überraschenderweise offeriert BMW als einziger der drei Hersteller für sein Kompaktmodell keinen Totwinkelwarner und keinen Abstandstempomaten. Eine Klasse höher, beim 3er, kann man diese Extras dagegen bestellen. Dass die Volumenmarke Ford im Focus so viele Assistenten bereitstellt, hat uns positiv überrascht. Auch insgesamt hat der Ford in Bezug auf Ausstattung und Preise die Nase vorne. Schließlich ist die beträchtliche Preisersparnis gegenüber den Premiumkonkurrenten nicht zu verachten.

Wertung

  • ☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆
  • Gegen den neuen A 180 sprechen der extrem enge Kofferraumausschnitt sowie der temperamentlose Motor. Der größte Nachteil des getesteten Focus ist, dass es auf der Autobahn schnell laut wird, doch wirklich schlimm ist das nicht. Beim BMW fällt allenfalls der nicht angebotene Totwinkelwarner negativ auf. Der Testsieger Ford Focus brilliert in den Kategorien Motor/Getriebe sowie Ausstattung/Preis. Wem runde 3.500 Euro Mehrpreis bei einem Auto nicht weh tun und wer zudem viel Wert auf ein edles Interieur legt, der entscheidet sich am besten für den BMW.

  • BMW 116i
    85%
    direkte Lenkung
    kein Totwinkelwarner verfügbar
  • Ford Focus 1.0 EcoBoost
    85%
    günstigster Preis im Vergleich
    am meisten Fahrspaß
  • Mercedes A180
    80%
    gutes Fahrwerk
    zu enger Kofferraumausschnitt

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