Klein ist fein: Selten galt diese Devise mehr als heute. Längst haben sich Kleinwagen vom Status der mobilen Einkaufstasche gelöst und sind inzwischen vollwertige Erstwagen. Oder gar die clevere Alternative zur nächsthöheren Klasse im Programm des betreffenden Herstellers. Den Beweis treten zwei kürzlich komplett erneuerte Bestseller unter den Kleinwagen an: der Ford Fiesta und der VW Polo. Hinzu kommt bei beiden jeweils ein Automatikgetriebe. Hier lautet die Frage: Was ist besser? Eine Wandlerautomatik oder ein Doppelkupplungsgetriebe?

Nüchtern, aber geräumig
Betrachten wir unsere beiden Kontrahenten zunächst von außen: Beim Ford Fiesta lenkt ein fieser Türkis-Ton vom eigentlichen Design ab, welches bei dem kleinen Kölner dynamischer wirkt als beim VW Polo. Er gibt sich unaufgeregt-sachlich, einzige Spielerei ist hier die in Wagenfarbe lackierte Leiste im Kühlergrill. Doch Optik ist immer Geschmackssache, weshalb wir einen Blick in die Daten werfen: Auf eine Länge von 4,04 Meter bringt es der Fiesta, der Polo misst 4,05 Meter. Fast Gleichstand also, ebenso bei der Breite: 1,73 Meter gegen 1,75 Meter lautet hier das Ergebnis. Aber es deutet sich bereits an, dass der Polo Pluspunkte in Sachen Geräumigkeit sammeln kann. Subjektiv wirkt der VW innen durch das horizontal betonte Cockpit breiter, unstrittig ist der im Ford knappere Fußraum hinten. Einen schmerzhaften Beweis liefert das Rad zur Verstellung der vorderen Sitzlehnen. Im Fiesta quetscht man sich bei der Suche fast die Finger, im Polo ist viel Platz zum Drehen.

Der Polo punktet beim Platz
Die nackten Daten lassen das Pendel endgültig zugunsten des Polo ausschlagen: Knapp sechs Zentimeter mehr Schulterfreiheit auf den vorderen Plätzen, im Fond sind es sogar zwölf Zentimeter Plus gegenüber dem Fiesta. Hier macht sich die Nutzung des modulare Querbaukastens der neuesten Generation beim VW positiv bemerkbar. Auch beim Kofferraumvolumen punktet der Polo: 351 bis 1.125 Liter übertrumpfen die 292 bis 1.093 Liter des Fiesta. Zur Ehrenrettung des Ford sei aber gesagt, dass auch seine fast 300 Liter Stauraum im Heck für einen Kleinwagen sehr respektabel sind.

Fiesta: Wertiger und mehr Assistenten
Wir nehmen hinter dem Steuer Platz und schauen uns um: Der Fiesta ist in seiner Neuauflage deutlich ergonomischer eingerichtet als sein Vorgänger. Kritikwürdig sind lediglich das überfrachtete Multifunktionslenkrad und der aus unserer Sicht fast schon zu große Acht-Zoll-Bildschirm auf der Mittelkonsole. Gerade Fahrer, die lieber näher am Lenkrad sitzen, werden von dem optionalen Touchscreen fast angesprungen. Zwar befindet er sich gut im Sichtfeld, trotzdem ist es schade, dass es die 6,5-Zoll-Basislösung nicht mit Navifunktion gibt. Auch der Polo prunkt auf Wunsch mit acht Zoll, dort ist der Touchscreen aber tiefer eingebaut. Der Arbeitsplatz im VW ist unaufgeregt-nüchtern möbliert, wobei man es bei den Türverkleidungen mit dem „nüchtern“ übertrieben hat. Genarbtes Hartplastik passt nicht recht zum selbsternannten Premiumanspruch, den der Polo-Kunde spätestens in der Preisliste zu spüren bekommt. Lobenswert sind die praktischen Details des Fiesta: ein Türkantenschutz, die beheizbare Frontscheibe oder die im Polo gar nicht angebotene Lenkradheizung. Auch hinsichtlich der Assistenzsysteme hat der Fiesta mehr auf dem Kasten als der Polo.

Pferdefuß Automatik
Unter dem Blech sind Fiesta und Polo ähnlich aufgestellt: Benziner, drei Zylinder, ein Liter Hubraum und Turboaufladung. 95 PS wirft der VW in die Waagschale, 100 PS sind es beim Fiesta. Gut gedämmt und quirlig sind beide Motoren, aber es kommt noch Marschgepäck hinzu. Plus 42 Kilogramm in Form einer Sechsgang-Automatik beim Fiesta, plus 35 Kilogramm durch ein Siebengang-DSG beim Polo. Schnell zeigt sich, dass der kleine Ford-Soldat an seinem Getriebe deutlich schwerer trägt. Die Automatik nervt mit zu starken Drehzahlsprüngen und unmotivierten Schaltvorgängen, die teilweise unwirsch ausfallen. Unter 2.000 Umdrehungen klingt der Motor des Fiesta brummig und wirkt schlapper, als er eigentlich ist. Wie viel Kraft die harmoniearme Automatik kostet, belegen die Zahlen: 12,2 Sekunden braucht der Ford auf Tempo 100, mit Handschaltung sind es nur 10,5 Sekunden. Unverständlich bleibt, warum man nicht das gute Powershift-Doppelkupplungsgetriebe aus dem alten Fiesta übernommen, wo es mit dem gleichen Motor schön zusammenarbeitete.

Es geht auch anders
Indirekt liefert dafür auch der Polo den Beweis. Sein Doppelkupplungsgetriebe hat sogar sieben Gänge, aber das ist nicht der entscheidende Punkt. Sondern die Tatsache, dass er einem sein Drehmoment von 175 Newtonmeter (170 sind es beim Fiesta) geschmeidig aufs Brot schmiert. Die einzelnen Gangwechsel sind kaum zu spüren, sofern der Blick nicht auf den Drehzahlmesser wandert. Zudem hängt das Polo-Aggregat besser am Gas. Kurzum: So muss es sein. Werfen wir noch einen kurzen Blick auf Lenkung und Fahrwerk: VW-typisch ist die Lenkung im Polo etwas indifferent und nicht so präzise wie beim Fiesta. Im Gegenzug rollt der VW nicht so straff ab wie der Ford, dessen Hinterachse besonders auf kurze Wellen ruppig reagiert.

Verdammt teuer, die Kleinen
Am Schluss steht natürlich noch das Kostenkapitel: Beim Verbrauch liegen unsere beiden Kleinwagen trotz unterschiedlicher Getriebekonzepte bei rund sieben Liter im Schnitt, was aber auch an unterschiedlichen Fahrern und Strecken liegt. Eine Überraschung gibt es beim Grundpreis: Der Polo kostet in der höchsten Ausstattung namens Highline 19.525 Euro, davon entfallen 1.575 Euro auf das DSG. Beim Fiesta heißt das Pendant Titanium und schlägt sogar mit 20.250 Euro zu Buche, 1.300 Euro Aufpreis für die Automatik inklusive. Der Grund: Fünf Türen sind beim VW stets serienmäßig, während Ford dafür 800 Euro zusätzlich aufruft. Sollte Sie spontan sagen: „20.000 Euro für einen Kleinwagen! Da hackt es doch!“, dann dürften Sie bei den Preisen unserer Testwagen glatt vom Stuhl fallen. Mit annähernder Vollausstattung liegt der Fiesta bei 26.060 Euro und der Polo sogar bei 28.020 Euro. Nicht nur in dieser Hinsicht können Sie das „Klein“ beim Wort „Kleinwagen“ getrost streichen.

Wertung

  • ☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆
  • Eigentlich liegt der Ford Fiesta auf Augenhöhe mit dem VW Polo und würde ihn beim Preis abhängen. Doch zwei Dinge werfen den Kölner zurück: Sein knapperes Raumangebot und speziell in diesem Vergleich eine sehr unharmonische Motor-Getriebe-Kombination. Die Automatik sollte man im Fiesta nur wählen, wenn man aus welchen Gründen auch immer nicht selbst schalten kann. Ansonsten gilt: Entweder das manuelle Getriebe wählen oder zum Polo mit DSG greifen.

  • Ford Fiesta 1.0 EcoBoost Automatik Fünftürer
    65%
    quirliger Motor, gute Materialien innen, viele Assistenzsysteme
    schlechte Automatik, wenig Platz im Fond, zu straffe Hinterachse
  • VW Polo 1.0 TSI DSG (95 PS)
    80%
    agiles DSG, gutes Raumangebot, ausgewogenes Fahrwerk
    teils billige Materialien, mit Extras teuer


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Bild von: Fabian Grass