Ob Kalorien oder Liter: Manchmal nervt das Zählen, Ausrechnen, Quantifizieren. Vor allem, wenn es mit Sparzwang und Verzicht verbunden ist. Aber die Welt wird halt immer moderner, und so heißt die Devise: sparsam und spaßarm. Selbst die Automarke, bei der die Fahrfreude programmatisch ist, und die ihr Image zu einem großen Teil dem Reihensechszylinder verdankt, kann sich dem Trend nicht ganz verschließen. So schiebt BMW derzeit vielen Modellen schwächere Motorvarianten unter – wie kürzlich beim 1er und 3er geschehen –, den X5 gibt es plötzlich auch ohne Allradantrieb, und Vierzylinder drängen die Sechszylinder zurück. Doch bei den sportlichen Modellen ist die Sache noch nicht abgemacht: Der M135i besitzt nach wie vor einen Sechszylinder, obwohl er nicht mal ein echter M ist, sondern nur die sportlichste Version des 1er, der Nachfolger des M-losen 130i. Anders als bei BMW liegt der Fall bei Audi, hier spielt der Sechszylinder keine so große Rolle wie in München. Der stärkste Kompakte aus Ingolstadt, der S3, hatte seit jeher vier Töpfe, der Sechszylinder war dem VW Golf R32 vorbehalten. Aber was ist nun besser, vier oder sechs? Wir haben das Sechstopfmodell BMW M135i xDrive gegen den Audi S3 Sportback mit vier Zylindern antreten lassen.

Vier gegen sechs
Mit 300 PS und Allrad hat der S3 den gleichen Antrieb wie der neue VW Golf R. Die 300 PS kommen aus einem 2.0 TFSI, der 380 Newtonmeter von 1.800 bis 5.500 Touren anbietet. Stärker und größer ist der Motor des BMW. Sein ebenfalls mit Turbolader versehener Reihensechszylinder hat 3,0 Liter Hubraum und bringt 20 PS mehr. Auch das Drehmoment ist mit 450 Newtonmeter deutlich größer, und es liegt schon bei kleineren Drehzahlen an, von 1.300 bis 4.500 U/min. Allerdings besaß unser xDrive-Testauto die Achtgang-Automatik – das Allradmodell gibt es gar nicht mit Handschaltung –, sodass diese Unterschiede kaum auffallen. Gut hörbar sind dagegen die akustischen Unterschiede: Der BMW hat einen eher wummerigen, dumpfen Sound – typisch Sechszylinder eben, der Audi klingt heller. Was noch auffällt: Der BMW bremst beim Gaswegnehmen deutlich durch die Motorbremse ab, was die meisten Testfahrer als unangenehm empfanden. Beheben lässt sich dies, indem man per ,Fahrerlebnisschalter" – ja, er heißt immer noch so – den Eco-Pro-Modus aktiviert.

Einer ist schneller, der andere spart dafür
Bei einem Leergewicht von genau 1,5 Tonnen gelingt dem Audi der Tempo-100-Sprint in 5,3 Sekunden. Der BMW braucht nur 4,7 Sekunden, trotz fast 100 Kilo höherem Kampfgewicht. Guten Vortrieb bieten beide Autos. Das gilt für alle Drehzahlbereiche. Das Beschleunigungsgefühl ist im Audi ebenso gut wie im BMW. Bei 250 km/h ist allerdings bei beiden Schluss, der Vernunft sei Dank. Und da sind wir beim Spritbedarf. Mit der serienmäßigen Start-Stopp-Automatik verbraucht der S3 genau 7,0 Liter je 100 Kilometer. Na gut, das soll er verbrauchen: Auf unseren Ausfahrten genehmigte sich der Audi 10,4 Liter je 100 Kilometer, wobei wir allerdings aus Sparsamkeitsgründen Super tankten, nicht das von Audi empfohlene Super Plus. Ein Start-Stopp-System hat auch der BMW. Hier gibt der Hersteller 7,8 Liter Normverbrauch an, wir errechneten nach unseren Testfahrten 11,4 Liter je 100 Kilometer. Kurz und gut: Der Audi ist sparsamer, der BMW schneller.

Von vorne nach hinten oder umgekehrt
Die meisten unserer Testfahrer waren überrascht, als sie erfuhren, dass der getestete BMW einen Allradantrieb hatte. Kein Wunder, den Vorgänger 130i gab es nur mit Hinterradantrieb. Unser M135i xDrive kostet 1.900 Euro mehr als der normale M135i, passt aber besser zum S3, den es ausschließlich als Allradler gibt. Die Verteilung der Motorkraft auf die Achsen ist bei den beiden Kandidaten verschieden. Beim BMW gelangen normalerweise 60 Prozent des Drehmoments an die Hinterachse, der Rest nach vorne. Beim S3 wird die Motorkraft gewöhnlich zum größten Teil auf die Vorderräder geschickt. Wenn dort die Traktion nachlässt, gelangt mehr Drehmoment nach hinten. Der BMW verteilt also von hinten nach vorne um, der Audi umgekehrt. Der Verteilungsmechanismus ist jedoch im Prinzip der gleiche: Eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung übernimmt den Job. In der Praxis tendiert der BMW eher zum Übersteuern, der Audi eher zum Untersteuern. Zum Driften ist Ersteres besser, aber mit viel Gas kann man auch beim Audi die Antriebskraft nach hinten bringen und das Heck nach außen schwingen lassen.

Adaptive Fahrwerke
Serienmäßig haben beide Autos ein Sportfahrwerk, doch in unseren Testwagen waren zusätzlich adaptive Stoßdämpfer installiert. Beim Audi ist es das Magnetic-Ride-System mit magnetorheologischer Regelung – hier wird die Dämpferhärte über die Dickflüssigkeit einer Hydraulikflüssigkeit gesteuert. Im BMW arbeitete das adaptive M-Fahrwerk. Bei beiden Fahrwerken lässt sich die Dämpferhärte vom Fahrer beeinflussen, beim BMW mit dem Fahrerlebnisschalter, beim Audi per Drive Select. Die Unterschiede der verschiedenen Modi sind allerdings bei beiden Autos eher gering, die Grundabstimmung ist hier wie dort hart. Tendenziell kam uns der BMW eher noch straffer und sportlicher vor, während der Audi einen gewissen Alltagskomfort bietet.

Hightech bei der Lenkung
Auch bei der Lenkung setzen beide Kandidaten auf Hightech. Zur Serienausstattung des S3 gehört eine Progressivlenkung, beim BMW ist eine variable Sportlenkung an Bord. Was verbirgt sich dahinter? Genau das Gleiche: eine lenkwinkelabhängige Übersetzung. Damit braucht man beim Rangieren weniger zu kurbeln. Außerdem sorgen solche Systeme für einen besseren Geradeauslauf. Uns gefiel die in Nuancen direktere Lenkung des Audi besser.

Audi dezent, BMW auffälliger
Was das Äußere angeht, so bleibt der Audi relativ dezent, während der BMW stärker auftrumpft. Der S3 hebt sich hinten durch einen Auspuff mit je zwei ovalen Endrohren links und rechts von den bürgerlichen Brüdern ab. Außerdem trägt der stärkste Kompakte aus Ingolstadt an etlichen Stellen Metallakzente. Das betrifft die Rippen am Grill, die Stege an den Lufteinlässen, die Außenspiegel in Aluoptik und den Alu-Rand des Heckdiffusors. Beim M135i sind die Unterschiede zum normalen 1er deutlicher, die Optik martialischer. Hinten hat der M135i als einziger 1er links und rechts ein Endrohr. Sie kommen aus einem weit hochgezogenen Heckdiffusor. Vor allem aber gibt es eine andere Frontschürze mit riesigen Luftöffnungen. Letztere sind so groß, dass selbst der Platz für die Nebelscheinwerfer weg ist. Diese gibt es daher beim M135i auch nicht gegen Aufpreis – was beim S3 allerdings auch so ist.

Innen: Die Domäne des Audi
Welcher Testfahrer auch immer sein Urteil abgab, stets wurde das schicke Cockpit des Audi bewundert. Nett ist zum Beispiel die Zeiger-Dramaturgie beim Motorstart: Die Nadeln der Instrumente huschen einmal über die Skalen, bevor sie in die Grundstellung zurückkehren. Auch das Ambientelicht der weiß leuchtenden Zierleisten und die satt einrastenden Ringe um die Luftausströmer herum ernten anerkennendes Kopfnicken. In unserem Auto waren die aufpreispflichtigen S-Sportsitze eingebaut, die sich exzellent anfühlen, mit ihren Steppkaros allerdings so bieder aussehen wie eine Strickjacke und Hosenträger. Ebenfalls aufpreispflichtig ist der metallische Knauf des Schalthebels. Er sieht gut aus, aber im Winter frieren einem ohne Handschuhe die Finger ab. Im BMW macht sich dagegen das seit Jahren vertraute Design der Marke breit. Die orangefarbene Beleuchtung der Instrumente wirkt inzwischen arg betagt, und statt einer elektronischen Feststellbremse wie der Audi hat der BMW nur eine mechanische. Die Sitze sind allerdings ebenso gut wie die des Audi.

Viel Platz im Fond, gut nutzbarer Kofferraum
Im Fond des S3 sitzt man ein klein wenig besser. Aber auch im BMW haben Erwachsene genug Platz. Der Kofferraum ist bei beiden Kandidaten gleich gut nutzbar. Der BMW bietet mit 360 bis 1.200 Liter nur unwesentlich mehr Stauraum als der Audi, der 340 bis 1.180 Liter vorweisen kann. Nebenbei bemerkt: Der dreitürige S3 bietet mit 325 bis 1.060 Liter dann doch spürbar weniger Platz als der BMW. Denn der Dreitürer fällt beim A3 generell etwas kleiner aus.

BMW rund 3.000 Euro teurer
Der M135i mit Allradantrieb, fünf Türen und Automatik kostet 44.750 Euro, der S3 Sportback S tronic ist für 42.000 Euro zu haben. Wer lieber selber schaltet oder zumindest mit einer Handschaltung leben kann, kann bei Audi 1.900 Euro sparen, während es den BMW in der xDrive-Version nur mit Automatik gibt. Der Preisunterschied verringert sich, wenn man die bessere Ausstattung des BMW bedenkt. Dies macht aber allenfalls ein paar hundert Euro aus.

Wertung

  • ☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆
  • Vierzylinder oder Sechszylinder, was ist nun besser? Die Sympathien in der Redaktion waren etwa gleichmäßig auf die beiden Testkandidaten verteilt. Beide Bayern-Boliden sind tolle Fahrzeuge, da waren sich alle einig. Das Auto aus München hat die sportlicheren Fahreigenschaften, es ist auch objektiv spurtstärker. Dafür ist der Ingolstädter sparsamer und etwas komfortabler. Das Urteil beim Sound ist Geschmackssache: Der Sechszylinder wummert mehr, der Vierzylinder klingt eher hell und kernig. Objektiv haben beide Autos die gleiche Note verdient, unser Favorit ist aber der S3.

  • Audi S3 Sportback
    90%
    günstiger, sparsamer, dezenter, schickeres Cockpit
    nicht so sprintstark wie der BMW
  • BMW M135i xDrive
    90%
    stärker, schneller, auffälliger, sportlichere Driftcharakteristik
    verbraucht mehr, teurer, nur mit Automatik verfügbar

Bildergalerie: Ungleiche Bayern-Boliden